Prüfungen auf die Agenda! - Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen im Prüfungswesen

Prüfungen auf die Agenda! - Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen im Prüfungswesen

von: Sigrid Dany, Birgit Szczyrba, Johannes Wildt

wbv Media, 2008

ISBN: 9783763946013

Sprache: Deutsch

222 Seiten, Download: 1486 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Prüfungen auf die Agenda! - Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen im Prüfungswesen



3. Spannungsfeld eAssessment und Lernkultur (S. 144-145)

Betrachtet man die Qualitätsmerkmale für Prüfungen, die sich in der Hochschuldidaktik etabliert haben, wie z.B. die enge Anbindung an Lernprozesse, Transparenz der Kriterien, Wahl der Prüfungsformen und kontrastiert dagegen die strategischen Qualitätsmerkmale, die der Bologna-Prozess an Prüfungen stellt, wie z.B. studienbegleitende Prüfungen infolge der Modularisierung oder Benotung nach ECTS-System, so ergibt sich hier folgender Zielkonflikt: Prüfungen als Beitrag zum Lernprozess vs. Prüfungen als Beitrag zur Bewältigung zusätzlicher Belastungen im Kontext der BA-/MA-Studienreform.

Hierbei kommt dem eAssessment eine besondere strukturelle Bedeutung zu. Dieser Zielkonflikt führt zu dem folgenden Spannungsfeld: Einerseits formiert sich vor dem Hintergrund von Studienreformprozessen und der zunehmenden Integration von eLearning in der Hochschullehre eine veränderte bzw. neue Lehr- und Lernkultur, die sich vorwiegend als bottom-up-Initiative charakterisieren lässt (z.B. die Tendenz im Rahmen von zumeist drittmittelgeförderten eLearning-Projekten sinnvolle didaktische Ansätze zu entwickeln und umzusetzen oder der vermehrte Einsatz von Lernplattformen in der eigenen Lehre).

Auf der anderen Seite ist der hochschulpolitische Rahmen zu sehen, der geprägt ist durch top-down-Impulse und durch Vorgaben, die aus den Bologna-Vereinbarungen abgeleitet und im Hochschulrahmengesetz verpflichtend verankert wurden (z.B. die Bedingung, ein Modul innerhalb eines Studienjahrs mit einer Modulprüfung abschließen zu müssen). Der Druck personeller Einsparungen bei zunehmendem Wettbewerb der Hochschulen um Studierende mit der Zunahme der (in BA-/MA-Studiengängen studienbegleitenden) Prüfungslast befördert die Tendenz, (e)Assessment-Arrangements zu entwickeln, die möglichst weitgehend automatisiert hohe Studierendenzahlen verarbeiten können.

Unter dem Druck des Bologna-Prozesses besteht zunehmend die Gefahr, dass Prüfungen von den Lehr- und Lernprozessen abgekoppelt und primär unter administrativen und rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Schriftliche Prüfungsformen, z.B. standardisierte (Multiple-Choice-)Fragen, werden zunehmend als Lösung für die entstehenden Notsituationen diskutiert und entwickelt. Im Rahmen dieses Spannungsfeldes ist es wesentlich, Qualitätsmerkmale aufzugreifen, die die Hochschuldidaktik zur Gestaltung von Prüfungsprozessen im Rahmen von Studienreformprozessen formuliert hat, und ihre Funktion als Beitrag zum Lernprozess für die neue Situation des eAssessment im Kontext der BA-/MAStudienreformen herauszuarbeiten und gegen die administrativ-strategischen Anforderungen abzuwägen.

3.1 Hochschuldidaktik und Prüfungen

Eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung der Hochschuldidaktik mit Prüfungen und Prüfungssystemen hat in den 1970er Jahren im Zuge der Einführung der Massenuniversitäten begonnen (vgl. Schütz/Skowronek/ Thieme 1969). Als Merkmale von Hochschulprüfungen wurden drei Funktionen identifiziert. Die Rekrutierungsfunktion von Prüfungen kann in einer absoluten Bewertung, d.h. in der Bewertung des gesamten Studiums, im Sinne eines Qualitätsnachweises verstanden werden. Die Prüfung gibt dann Auskunft darüber, ob das Studienziel erreicht wurde oder nicht. Die relative Bewertung gibt Auskunft über die Platzierung der Kandidatinnen und Kandidaten untereinander und kann zum Beispiel in Aufnahmeprüfungen zur Auslese genutzt werden, wenn es weniger Plätze als Bewerber gibt. Wenn Prüfungen sinnvoll auf Lehrund Lernprozesse bezogen sind und in Evaluationsprozesse einbezogen werden, können sie didaktische Funktionen, beispielsweise die zeitliche und inhaltliche Gliederung des Studiums übernehmen.

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