Handbuch Jugendhilfeplanung - Grundlagen, Anforderungen und Perspektiven

Handbuch Jugendhilfeplanung - Grundlagen, Anforderungen und Perspektiven

von: Stephan Maykus, Reinhold Schone

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2010

ISBN: 9783531924762

Sprache: Deutsch

417 Seiten, Download: 8620 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Handbuch Jugendhilfeplanung - Grundlagen, Anforderungen und Perspektiven



Bildung als kommunale Gestaltungsaufgabe – Gegenstand und Aufgabe von Jugendhilfeplanung!? (S. 269-270)

Stephan Maykus

Noch vor wenigen Jahren hätte die Frage dieses Beitrages schwerpunktmäßig auf Schule und die Kooperation mit ihr als Gegenstand von Jugendhilfeplanung gezielt. Doch von dieser Frage der Kooperationsentwicklung in einzelnen Handlungsfeldern (allen voran in der Schulsozialarbeit) und mit Blick auf die sozialpädagogische Integration bestimmter Adressatengruppen wird nunmehr der Weg hin zu einer strukturellen Verankerung der Zusammenarbeit beider Felder beschritten.

Diese Neujustierung der Kooperation und des Feldes von Bildung, Betreuung und Erziehung macht den Schwerpunkt der aktuellen fachtheoretischen Debatte aus (umfassend dargestellt in Otto/Coelen 2008). Dabei tritt das Thema Kooperation gegenwärtig nahezu automatisch an die Seite der Themenkomplexe Bildung, soziale Gerechtigkeit und Infrastrukturgestaltung der Bildungsförderung. Vor allem die Kinder- und Jugendhilfe ist in diesem Komplex, so Rauschenbach (vgl. 2008, S. 6), mit „Großbaustellen“ des Zukunftsprojektes Bildung konfrontiert: Sie muss ihre sozialpädagogischen Konzepte schärfen, ihre Besonderheiten gegenüber der Schule und anderen Bildungspartnern behaupten und gleichzeitig Vernetzungen mit ihr eingehen.

Dabei ist der Kinder- und Jugendhilfe abverlangt, ihre Rolle z. B. im Kontext der Ganztagsschulentwicklung zu bestimmen und einen aktiven Part beim Aufbau kommunaler Bildungslandschaften zu übernehmen (vgl. Maykus 2007a, Mack 2006). Kinder- und Jugendhilfe ist gefragt, nicht nur, um weitreichende und hoffnungsvolle Konzepte der Bildung mitzuentwickeln, sondern auch um an der nachhaltigen Veränderung des zwiespältigen Bildungssystems mitzuwirken. Die Eindämmung sozialer Selektion und Erhöhung der Chancengerechtigkeit in einem, die unterschiedlichen Bildungsqualitäten vernetzenden System der Förderung junger Menschen (vgl. Rauschenbach 2008, BMFSFJ 2005), ist unverändert ein zentrales Ziel.

Der zweite Bildungsbericht für Deutschland (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 80 ff.) belegt, dass die Verbindung zwischen sozialer Herkunft und den Kompetenzen der Schüler (bzw. dem Bildungserfolg) noch immer ausgeprägt ist. Der 13. Kinder- und Jugendbericht entwirft zusätzlich Perspektiven einer Kinder- und Jugendhilfe, die sich auf gesundheitsbezogene Herausforderungen bei jungen Menschen konzeptionell bezieht und dabei immer auch berücksichtigt, dass die praktischen Anforderungen und gelingende Praxiskonzepte vom sozialpolitischen und -strukturellen Kontext abhängig sind (vgl. BMFSFJ 2009, S. 247).

Die Kommission betont, dass Kinder- und Jugendhilfe einen Beitrag zur Förderung positiver Lebensbedingungen leisten und damit Unterstützung bei der Identitätsarbeit und der Bewältigung von Risiken im Lebenslauf junger Menschen bieten sollte. Die hierfür benannten konzeptionellen Eckpfeiler (Akteursperspektive, Niedrigschwelligkeit, Sozialraumorientierung, Beteiligung, Lebensweltorientierung und Förderung von Inklusion) sind anschlussfähig an Gedanken der multiprofessionellen Vernetzung von Kinder- und Jugendhilfe mit angrenzenden Partnern, allen voran der Schule und – im Kontext dieses Berichtes systematisch entfaltet – zunehmend auch des Gesundheitswesens (vgl. ebd., S. 149 ff.).

Damit Bildungs- und Befähigungsgerechtigkeit unterstützt wird, wie es im 13. Kinder- und Jugendbericht heißt (vgl. ebd., S. 250), wird eine interprofessionelle Vernetzung gefordert, die nicht nur die Etablierung von Gesundheitsförderung durch Kinder- und Jugendhilfe im Bereich der Ganztagsbetreuung und Schulen allgemein meint (institutionelle Verankerung der Kooperation), sondern auch Netzwerkbildung explizit in einen räumlich kommunal zu verantwortenden Zusammenhang stellt und unmittelbar Bezüge zu Überlegungen einer kommunalen Bildungslandschaft aufweist (ebd., S. 259). Diese aktuellen (und andere gesellschafts-, instutionen- und adressatenbezogene) Anforderungen, wie sie im Beitrag von Schrapper in diesem Band anklingen, werden die Kooperationsbeziehungen der Kinder- und Jugendhilfe verändern und haben ihre Kooperation mit der Schule bereits in den letzten Jahren verändert und weiterentwickeln lassen; sie ist durchaus in Ansätzen auch als Baustein kommunaler Bildungslandschaften – als zunehmend bewusst gestaltetes Ge? echt aus Politik, Verwaltung, Planung und Fachlichkeit (vgl. Hebborn 2008, Schäfer 2008) – zu erkennen, hat jedoch einen erhöhten Implementierungsbedarf. Um eine qualitiative und strukturelle Entwicklung der netzwerkorientierten Bildungsförderung zu initiieren, müssen geeignete Steuerungs- und Planungsformen gefunden werden. In diesem Prozess wird sich die Kinder- und Jugendhilfe Ein? üssen ausgesetzt sehen, die zu einem Wandel ihre Angebote und deren strukturellen Organisation führen werden (vgl. Maykus 2006c). Wie sich dieser Wandel äußern wird, ist erst in Ansätzen erahnbar, jedoch keineswegs verlässlich zu prognostizieren.

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