Mit Gender Management zum Unternehmenserfolg - Grundlagen, wissenschaftliche Beiträge, Best Practice

Mit Gender Management zum Unternehmenserfolg - Grundlagen, wissenschaftliche Beiträge, Best Practice

von: Astrid Szebel-Habig, Rolf Ulrich Kaps

Haufe Verlag, 2016

ISBN: 9783648080252

Sprache: Deutsch

306 Seiten, Download: 3840 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Mit Gender Management zum Unternehmenserfolg - Grundlagen, wissenschaftliche Beiträge, Best Practice



1   Gender Management und Unternehmenserfolg


1.1   Einleitung


Obwohl Frauen im Alter bis zu 40 Jahren heute in Deutschland im Durchschnitt besser ausgebildet sind als gleichaltrige Männer1, werden sie in der Arbeitswelt bei der Einstellung, (Be-)Förderung und Bezahlung immer noch oft diskriminiert. Das ist unwirtschaftlich, denn namhafte Studien zeigen, wie im folgenden Beitrag aufgezeigt wird, dass die Beteiligung von Frauen in den wichtigen Entscheidungsgremien eines Unternehmens zu besseren betriebswirtschaftlichen Ergebnissen führen kann. Somit ist es nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer vorteilhaft, weibliche Nachwuchskräfte zu fördern. Leider gibt es nach wie vor viele Vorurteile gegenüber dem „schönen Geschlecht“, so dass „Mixed-Leadership“ – eine geschlechtergemischte Führung – in vielen Unternehmen noch keine Selbstverständlichkeit ist.

Durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst gewinnt das Thema an politischer Brisanz. Da Deutschland im europäischen Vergleich auffallend wenige Frauen in Managementpositionen aufzuweisen hat und die Unternehmen bislang eher zögerlich und wenig ambitioniert den Zielvorstellungen des Gesetzesgebers folgen,2 wird ein erfolgreiches Gender Management in Form von „Mixed-Leadership“ auch in naher Zukunft eine Herausforderung bleiben.

Deswegen hat das vom BMBF/ESF finanzierte Forschungsprojekt „Mixed-Leadership – Mit Frauen an die Spitze“ 2011-2014 zum einen das Ziel, die effektivsten Maßnahmen aufzuzeigen, mit denen eine „Mixed-Leadership“-Führungskultur erreicht werden kann. Zum anderen soll den beteiligten Unternehmen ein erstmalig entwickelter Selbstauditbericht zur Verfügung gestellt werden, mittels dessen sie ihre Aktivitäten zur Frauen- und Männerförderung im Vergleich zur Branche, Mitarbeitergröße und Börsennotierung selbst evaluieren können.

1.2   Begriffsklärungen


1.2.1   Was ist Gender Management?


Definition „Gender Management“

Gender Management umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Aktivitäten in Unternehmen zur Gleichstellung der Geschlechter. Zum einen dient Gender Management aus sozialer Sicht der Chancengerechtigkeit und zum anderen aus ökonomischer Sicht der Erhöhung der Wettbewerbsstärke von Unternehmen durch Nutzung aller internen Mitarbeiterpotenziale und durch die Entdeckung neuer externer Kundenmärkte.3

Abb. 1.1: Merkmale des Gender Managements

Es geht also um die als Top-down-Strategie geplante Gestaltung der Geschlechterverhältnisse unter dem Aspekt der Chancengleichheit, wie es der Gesetzgeber zunehmend verlangt, und um die Möglichkeit, Wettbewerbsvorteile dadurch zu erzielen, dass intern das Potenzial der Nachwuchskräfte durch Talentmanagement und extern die Absatzmöglichkeiten durch Erschließung neuer Kundengruppen erweitert werden. Junge Frauen haben seit ca. zehn Jahren ihre männlichen Altersgenossen bei der Hochschul- und Schulausbildung überholt: Sie stellen die Mehrheit der Hochschulabsolventen, haben in der Regel schneller studiert, ihr Studium weniger häufig abgebrochen und weisen die besseren Ausbildungsabschlüsse auf.4 Deswegen sollten sie in der betrieblichen Nachwuchsplanung besonders gefördert werden. Zudem nimmt die Kaufkraft von Frauen weltweit zu: Frauen verdienen – auch in Deutschland – immer mehr Geld und treffen die meisten Kaufentscheidungen in Privathaushalten.5

Es gibt viele Nachweise dafür, dass nach Diversity-Gesichtspunkten geführte Unternehmen Vorteile bei der Entwicklung neuer Lösungen und Produkte über Synergieeffekte erzielen.6 Interessant sind hierbei die Untersuchungen von Woolley, Mallone und Chabris: So nimmt die Teamintelligenz zu, wenn mehr Frauen als Männer in der Gruppe sind, weil sie darauf achten, dass jeder zu Wort kommt, und sie die Reaktionen der anderen Gruppenmitglieder besser wahrnehmen („Reading the Mind in the Eyes-Test“).7

Trotzdem geschieht Gender Management nicht „von alleine“, sondern bedarf der strategischen Planung auf Basis einer SWOT-Analyse8 und konkreter und terminierter Zielsetzungen, der Durchführung mittels effektiver Maßnahmen und der Kontrolle in Form eines Soll-Ist-Vergleichs bzw. eines genderbezogenen Kennzahlensystems. Dieses kann z. B. durch eine Gender-Management-Balanced-Scorecard strukturiert werden.

Abb. 1.2: Prozess des Gender Managements

Die bisherigen Erfahrungen in Unternehmen zeigen, dass Gender Management eine langfristig angelegte Vorgehensweise wie bei einem Change-Management-Projekt verlangt, weil damit ein Kulturwandel einhergeht.9 Ohne eine Top-down-Strategie: CEO-Commitment mit klaren Vorgaben – z. B. zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen – ist dieser Umbruch nicht zu meistern. Dazu sind aber viele Unternehmen noch nicht bereit: Sie erwarten von ihren weiblichen Nachwuchskräften, dass sie sich der vorhandenen – häufig männlich geprägten – Unternehmenskultur anpassen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Avivah Wittenberg-Cox (2015) wendet sich gegen diese „Fixing the Women“-Einstellung: Die Geschäftswelt schließe durch die Negierung von Gender-Unterschieden bewusst oder unbewusst Frauen von Leadership-Positionen aus, da sie als nicht passend für die vorherrschenden Normen in den Machtzentren beurteilt würden.10

Gender Management setzt sich mit den neuen Erkenntnissen aus der Neurologie auseinander, die die unterschiedlichen Sicht- und Verhaltensweisen von Mann und Frau – z. B. im Wettbewerb – aufgrund verschiedener Gehirnstrukturen erklären. Demnach kämpfen Männer eher status- und hierarchiebewusst im Wettbewerb zu anderen Männern um eine hohe Position, während Frauen untereinander beziehungsorientiert darum konkurrieren, als beliebt zu gelten und für Männer attraktiv zu sein.11 Deborah Tannen leitet hieraus ein unterschiedliches Kommunikationsverhalten ab: Männer kommunizieren in der Öffentlichkeit eher statusorientiert. Frauen bevorzugen den privaten Familien- und Freundeskreis für einen beziehungsorientierten Austausch.12 Gender Management berücksichtigt diese mögliche Andersheit bewusst, z. B. die unterschiedliche Selbsteinschätzung weiblicher und männlicher Nachwuchskräfte in Hinblick auf deren jeweiliges Leistungsvermögen. So liegt bei Frauen eher eine mögliche Unterschätzung, bei Männern eher eine mögliche Überschätzung vor, wenn es um die Bewältigung des nächsten Karriereschrittes geht.13

Die so entstehende Benachteiligung macht die Notwendigkeit einer genderspezifischen Förderung deutlich. Gender Management beinhaltet allerdings keine einseitige Förderung von Frauen, sondern auch Maßnahmen zur Männerförderung. Beide Handlungsfelder zusammen sollen zu einer nachhaltigeren Besserstellung beider Geschlechter im Berufsleben führen.

1.2.2   Was ist Mixed-Leadership?


Das Leitbild „Mixed-Leadership“ geht davon aus, dass Frauen und Männer über komplementäre Eigenschaften und Verhaltensweisen verfügen, die sich in der Führung eines Unternehmens gewinnbringend („Return on Diversity“) optimieren lassen. Für eine erweiterte Problemlösungskompetenz von Teams sind sowohl weibliche als auch männliche Betrachtungsweisen in Entscheidungsfindungen einzubinden. Es geht um einen chancengerechten Machtzugang von Frauen und Männern und damit zu einem gleichberechtigten Zugang zu den wichtigsten Schlüsselpositionen in unserer Gesellschaft und in Organisationen.14 Dies impliziert die gleichberechtigte Teilhabe an Ressourcen wie z. B. Geldmittel (Budget) und MitarbeiterInnen als auch um eine genderausgeglichene Besetzung von Führungspositionen im unteren, mittleren und Topmanagement.

Unterschiedliche Führungsstile, wobei der transformationale Führungsstil15 nach einer Meta-Studie von Eagly und Carli (2009)16 mehr den Frauen und der transaktionale Führungsstil mehr den Männern zugeordnet wird,17 finden in Unternehmen mit einer „Mixed-Leadership“-Führungskultur eine gleichwertige Beurteilung. Es wird anerkannt, dass Männer und Frauen auf unterschiedliche Art und Weise ihren Beitrag zu einer Wertsteigerung des Unternehmens leisten können:

Eher männliche Führungsqualitäten Eher weibliche Führungsqualitäten
strategischer Weitblick (Tunnelblick) Denken in Zusammenhängen (Radarblick)
höhere Risikobereitschaft nachhaltiges Urteilsvermögen
ausgeprägte Wettbewerbsorientierung ausgeprägtes Beziehungsmanagement
Durchsetzungsvermögen hohe Anforderungen an sich selbst (Vorbild)
politisch-taktisches Agieren Entwicklung von MitarbeiterInnen
Tendenz zu konsensorientierten Entscheidungen im...

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