Bekifft und abgedreht - Wenn Cannabis zum Problem wird
von: Udo Küstner, Gisela Beckmann-Többen
BALANCE buch + medien verlag, 2007
ISBN: 9783867397179
Sprache: Deutsch
193 Seiten, Download: 1071 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
Risiken oder »Am Morgen einen Joint und du hast einen Feind« Cannabis und das Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) (S. 41-42)
»Ob der Philipp heute still
wohl bei Tische sitzen will?«
Also sprach in ernstem Ton
der Papa zu seinem Sohn,
und die Mutter blickte stumm
auf dem ganzen Tisch herum.
Heinrich Hoffmann, Die Geschichte vom Zappelphilipp
Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom Zappelphilipp, die der Kinderarzt Heinrich Hoffmann im 19.Jahrhundert niedergeschrieben hat. Auch wenn diese Geschichte ein trauriges Ende nimmt, ist sie doch für viele eher ein Anlass zum Schmunzeln.
Ganz anders geht es Eltern, deren Kind hyperaktiv ist. Sie erleben ähnliche Situationen fast jeden Tag. Ihre Kinder können am Tisch nicht still sitzen, sind ständig unruhig, wirken nervös und bringen immer wieder Unruhe in die ganze Familie. Betroffene Eltern fühlen sich nicht selten in der Erziehung solcher Kinder überfordert und hilflos. All ihre Versuche, steuernd einzugreifen, schlagen fehl.
Häufig ist die Hyperaktivität gepaart mit einem zusätzlichen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblem. In diesen Fällen spricht man von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Rund 2 Prozent aller Kinder sollen Schätzungen zufolge an einer ADHS leiden, wobei ungefähr doppelt so viele Jungen wie Mädchen betroffen sind. Diese fallen häufig schon im Kindergarten durch Unaufmerksamkeit und Ablenkbarkeit auf. Sie bleiben selten lange bei einer Tätigkeit (Ausnahmen: Fernsehen etwa), sondern wechseln, ohne diese zu Ende zu bringen, sprunghaft zu anderen Aktivitäten. Besonders auffällig wird diese Problematik in der Schule, was sich dann in störendem Verhalten und in Leistungsdefiziten zeigt, und zwar trotz ausreichender Intelligenz.
Auch das Verhältnis zu Gleichaltrigen wird durch die Unruhe, Impulsivität und Distanzminderung der ADHS-Kinder negativ beeinflusst. Sie erleben häufig Zurückweisungen, was wiederum zu einer weiteren Verschlechterung ihres Sozialverhaltens führen kann. Am Ende der Pubertät nimmt das beobachtbare unruhige Verhalten oft ab, obwohl das Gefühl der inneren Unruhe erhalten bleibt. Die Erwartungen werden zurückgeschraubt, sodass zum Beispiel angestrebte Schulabschlüsse hinter den eigentlichen intellektuellen Fähigkeiten zurückbleiben.