Kinder und Suchtgefahren - Risiken - Prävention - Hilfen

Kinder und Suchtgefahren - Risiken - Prävention - Hilfen

von: Michael Klein

Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften, 2007

ISBN: 9783794564330

Sprache: Deutsch

544 Seiten, Download: 2281 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Kinder und Suchtgefahren - Risiken - Prävention - Hilfen



2 Suchtgefahren aus Sicht des Kinder- und Jugendarztes (S. 5)

Wolf-Rüdiger Horn
Einer von vielen ähnlichen Fällen in der pädiatrischen Praxis
Kevin, 13 Jahre alt, kommt zur Jugendgesundheitsuntersuchung zu seinem Kinder- und Jugendarzt, der ihn schon seit dem Säuglingsalter kennt. Er war schon immer lebhaft bis hyperaktiv, hat zu Hause und im Kindergarten viel zerstört. Wegen seiner verzögerten Sprachentwicklung wurde er eine Zeit lang logopädisch, zur Verbesserung seiner muskulären Koordinationsstörung ergotherapeutisch betreut.

Mit seinen Eltern (Vater: ungelernter Arbeiter, Mutter: Verkäuferin) wurde häufig über Schlafstörungen, Aggressivität gegenüber dem zwei Jahre jüngeren Bruder und sein draufgängerisches, Gefahren verkennendes Verhalten gesprochen. Die Eltern trennten sich, als Kevin fünf Jahre alt war.

Es habe ständige Streitereien gegeben, die besonders an Wochenenden unter Alkoholeinfluss auch körperlich ausgetragen wurden. Beide Eltern sind starke Raucher, auch während der Schwangerschaft konnte Kevins Mutter den Zigarettenkonsum nur reduzieren.

Der Vater ist ebenfalls oft aufbrausend, hat wegen Körperverletzung nach einem Fußballspiel eine kurze Haftstrafe bekommen. Die Mutter häufig depressiv, mehrere Behandlungen wurden jedoch abgebrochen. In der Schule gab von Anfang an massive Probleme mit Kevins Verhalten.

Hyperaktivität und Impulsivität führen zur Isolation von den meisten seiner Mitschüler. Im Leistungsbereich machen ihm seine Ablenkbarkeit und seine Lese-Rechtschreib- Schwäche (an der auch beide Eltern leiden) zu schaffen.

Kinder- und Jugendarzt, Klassenlehrer und ein Psychologe der zuständigen Beratungsstelle versuchen Kevin und seiner Familie zu helfen, erst mit zusätzlicher Gabe von Methylphenidat bessern sich sowohl kognitive Funktionen als auch soziale Integration. Integration.

In der Hauptschule kommt Kevin recht gut zurecht, er möchte Kfz-Mechaniker werden. Seit fast zwei Jahren raucht er zwischen 5 und 10 Zigaretten am Tag: „Die liegen ja überall rum." Nach dem Fußballtraining und an den Wochenenden trinkt er mit seinen Freunden, war auch schon ein paar Mal betrunken: „Das machen alle so."

Fernseh-, Video- und Computerkonsum summieren sich auf 5 bis 6 Stunden am Tag, sein Körpergewicht liegt knapp oberhalb der Norm.

2.1 Abschied von der Utopie einer drogenfreien Gesellschaft
In den Industrieländern dieser Welt haben aufgrund besserer Lebensverhältnisse viele Krankheiten ihren Schrecken verloren, die früher zu langem Leid und vorzeitigem Sterben führten.

Daran haben Fortschritte in der medizinischen Behandlung und bei der Vorbeugung von Krankheiten wesentlichen Anteil, am meisten aber die Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen. Wohl gibt es weltweit noch immer große Herausforderungen im Bereich übertragbarer Krankheiten wie Malaria, AIDS und Tuberkulose.

Geradezu epidemische Dimensionen haben jedoch chronische Störungen und Krankheiten angenommen, die mit unseren Lebensweisen zusammenhängen: vor allem übermäßiges und unausgewogenes Essen, abnehmende Bewegung sowie der Konsum von Alkohol, Tabak und anderen Drogen. Diese Lifestyle-bedingten Probleme sind wiederum nicht isoliert zu sehen von den Anforderungen und Risiken unseres Alltagslebens:

Beschleunigung der Produktion von Information und Unterhaltung zunehmende Individualisierung bei gleichzeitiger Globalisierung wachsende Ungewissheit von Zukunftsperspektiven in puncto Arbeit, Wohnen, Umwelterhaltung, stabile Weltordnung, transzendentale Bindung Kenner der Drogenszene wie Günter Amendt haben wohl Recht, wenn sie behaupten, dass die Lebensumstände der Menschen in den „Gesellschaften des reichen Nordens" ohne den Einsatz von psychoaktiven Substanzen, also Drogen, nicht denkbar wären, weil anders die Arbeit nicht zu bewältigen und das Leben nicht zu ertragen wäre (Amendt 2003).

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