Erfolgreiche Sprachförderung in der Kita - Ein Ratgeber für pädagogische Fachkräfte

Erfolgreiche Sprachförderung in der Kita - Ein Ratgeber für pädagogische Fachkräfte

von: Ulla Beushausen, Hanna Ehlert

Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2014

ISBN: 9783824809639

Sprache: Deutsch

76 Seiten, Download: 1005 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Erfolgreiche Sprachförderung in der Kita - Ein Ratgeber für pädagogische Fachkräfte



Bausteine eines erfolgreichen (sukzessiven) Zweitspracherwerbs

Der Erwerb der Zweitsprache basiert auf wichtigen Voraussetzungen, die denen des Erstspracherwerbs ähnlich sind.

Gute Kenntnisse der Erstsprache

Man weiß heute um die Bedeutung des sicheren Erstspracherwerbs als Basis für den Erwerb jeder weiteren Sprache. Deshalb sollten die Eltern motiviert und bestärkt werden, mit ihrem Kind in ihrer Erstsprache zu sprechen und Sprachförderung zu betreiben. Dazu gehört zunächst eine sprachanregende Umwelt im Allgemeinen: Alltagssituationen werden sprachlich begleitet und als Gesprächsanlässe genutzt. Geschichten erzählen, Vorlesen und Lieder singen in der Erstsprache gehören genauso dazu.

Genügend Input in der Zweitsprache (Deutsch)

So wichtig wie die Stärkung der Erstsprache ist natürlich ein ausreichender Kontakt mit der Umgebungssprache. Die Eltern sind also aufgefordert, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder sich auch an Orten aufhalten, wo deutsch gesprochen wird. Das kann z. B. in Vereinen, Gruppen oder auf dem Spielplatz der Fall sein. In diesem Zusammenhang ist auch ein früher und regelmäßiger Besuch einer Kita für mehrsprachige Kinder besonders zu empfehlen.

Sprachen trennen

Eine Sprachtrennung im Alltag ist keine zwingende Voraussetzung, kann dem Kind jedoch die Sortierung der Sprachen im Erwerb erleichtern. Sprachen können personengetrennt (z. B. Vater: überwiegend türkisch, Mutter: überwiegend deutsch) oder ortsgetrennt (z. B. zu Hause: überwiegend die Erstsprache, außerhalb der Familie: überwiegend deutsch) angeboten werden. Die Verwendung aller in der Familie gesprochenen Sprachen sollte dabei immer natürlich bleiben und keine Sprachtrennung erzwungen werden (Scharff-Rethfeld, 2013).

Kommunikationsstörungen bei Kindern

Kinder, die ihre kommunikativen Fähigkeiten nicht voll entwickeln können, laufen Gefahr, von wichtigen Lebensbereichen ausgeschlossen zu sein. Dies betrifft insbesondere die Teilhabe an sozialen Interaktionen in der Kita und im Familienalltag. Sprachstörungen wirken sich negativ auf den Schulerfolg aus und können die berufliche Laufbahn beeinflussen (Whitehouse et al., 2009). Sprachstörungen können angeboren (z. B. im Rahmen einer Behinderung) oder erworben sein (z. B. als Folge einer Erkrankung oder eines Unfalls). Aber auch sozio-kulturelle Faktoren wie die Art und Intensität des sprachlichen Angebots im Umfeld des Kindes können eine Rolle spielen. Die psycho-physiologische Veranlagung des Kindes hat ebenfalls einen Einfluss. Hierzu gehören Wahrnehmungseigenschaften wie die Hör- und Wahrnehmungsfähigkeit, psychische Faktoren wie Sprechantrieb und Hemmungen und motorische Komponenten wie eine gut ausgebildete Gesichts- und Sprechmuskulatur. Wenn mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen sind, handelt es sich um komplexe Kommunikationsstörungen. Sie sind oft Folgen angeborener (z. B. Behinderungen) oder erworbener (z. B. Schlaganfall) Erkrankungen. Man unterscheidet unterschiedliche Bereiche der Kommunikation, die beeinträchtigt sein können: die Sprache allgemein, das Sprechen, die Stimme und das Schlucken.

Welche Sprachentwicklungsstörungen gibt es?

Der Übergang zwischen einer normalen und gestörten Sprachentwicklung bei Kindern ist fließend und nicht immer leicht zu unterscheiden. Im medizinischen Bereich spricht man von einer Verzögerung der Sprachentwicklung und meint damit allgemein das Ausbleiben oder ein verlangsamtes oder fehlerhaftes Einsetzen der kindlichen Sprachentwicklung bis zum dritten Lebensjahr. Von einer Störung der Sprachentwicklung (SES) spricht man, wenn sich die Sprachfunktion auch nach dem dritten Lebensjahr nicht normal entwickelt. Eine SES kann auch im Rahmen von Behinderungen auftreten. Häufig liegt z. B. auch eine Hörstörung vor oder anhaltende Mittelohrentzündungen beeinträchtigen den Spracherwerb. Liegt keine erkennbare Ursache für eine SES vor, spricht man von einer „umschriebenen Sprachentwicklungsstörung“ (USES). Sprachentwicklungsstörungen können die Kommunikation, das Sprachverständnis, den Wortschatz und die Laut-, Wort- und Satzbildung beeinträchtigen. Oft sind mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen. Ca. 7–8 % aller Kinder im Vorschulalter sind von einer USES betroffen, egal ob sie einsprachig oder mehrsprachig aufwachsen.

    Ein gutes Hörvermögen ist eine grundlegende Voraussetzung für den Spracherwerb.
    Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung sind in hohem Maße gefährdet, im Schulalter eine Legasthenie zu entwickeln.

Tabelle 7 gibt einen Überblick über die Störungsebenen von Sprachentwicklungsstörungen und deren Symptome.

Tab. 7: Linguistische Ebenen bei Sprachentwicklungsstörungen

Sprachstörungen
Ebene der Störung Symptome Typische Beispiele
Störung des Sprachverständnisses Störung des Verstehens von Wörtern, grammatischen Formen und Satz- und Textbedeutungen z. B. stereotypische Reaktionen des Kindes, wie immer mit „Ja“ antworten, oder keine Reaktion
Störungen des Lauterwerbs (Phonologie) Einzelne Laute oder Lautverbindungen fehlen entweder völlig, werden durch andere ersetzt oder falsch gebildet z. B. Vierjährige, die nahezu unverständlich sind, oder Laute einzeln bilden können, aber falsch in Wörter einbauen
Störungen der Grammatik (Morphologie/Syntax) Unfähigkeit, das morphologische und syntaktische Regelsystem der Muttersprache altersgerecht zu erwerben und/oder zu gebrauchen z. B. Dreijährige, die das Verb an das Ende eines Satzes stellen: „Mama nach Hause gehen“
Störungen des Wortschatzes (Lexikon, Semantik) Die Anzahl der verstandenen und produzierbaren Wörter ist eingeschränkt und/oder Bedeutungen werden nicht regelrecht erworben z. B. Vierjährige, die häufig auf unspezifische Wörter wie „Dings“, „tun“ oder „so halt“ zurückgreifen oder Probleme bei der Zuordnung von Wörtern zu Oberbegriffen (z. B. einzelne Obstsorten zu dem Begriff Früchte) haben
Störung der Pragmatik Keine situationsgerechte Anwendung und Entschlüsselung von sprachlichen (Laute, Wörter, Sätze) und nicht-sprachlichen (Gestik, Mimik) Zeichen in der Interaktion (z. B. in einem Gespräch) z. B. Vorschulkinder, die Probleme haben, ein Gespräch zu beginnen, aufrechtzuerhalten und zu beenden, oder jemanden adäquat zum Mitspielen aufzufordern
Störung der Erzählfähigkeit Schwierigkeiten mit der zeitlichen und inhaltlichen Logik beim Erzählen von Geschichten z. B. ein Vorschulkind, das von einem Kinobesuch erzählt, ohne dass die Zuhörer verstehen, wer mitkam, wann und wo der Besuch stattfand und welcher Film gesehen wurde

Ein verlangsamter Erwerb des Wortschatzes kann ein frühes Symptom für eine Sprachentwicklungsstörung sein. Diese Kinder nennt man bis zum dritten Lebensjahr Late Talker: späte Sprecher. Es ist aber auch möglich, dass das Kind den Rückstand in der Sprachentwicklung zwischen dem 2. und dem 3. Geburtstag aufholt. Diese Kinder nennt man dann Late Bloomer: Spätentwickler. Etwa die Hälfte aller Late Talker entpuppen sich als Late Bloomer, die andere Hälfte gilt später als sprachentwicklungsgestört.

Weitere Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen

Bei Kindern können bis zum Schuleintritt weitere Kommunikationsstörungen auftreten, z. B. eine Beeinträchtigung des Redeflusses oder des Schluckens.

Stottern

Stottern ist eine Unterbrechung des Redeflusses, die sich in Wiederholungen einzelner Laute, Silben oder Wörter und/oder Dehnungen sowie Blockaden äußert. Es beginnt meist in der Phase des frühkindlichen Spracherwerbs. Stottern lässt sich nicht auf eine einzige Ursache zurückführen, sondern beruht meist auf der Kombination organischer und psychischer Faktoren. Letztere sind aber nicht primär für das Entstehen verantwortlich.

Wiederholungen, Dehnungen und Blockaden sind vor allem zu Beginn der Störung die auffälligsten Merkmale. Im Laufe der Zeit können sekundäre Symptome hinzukommen: Mitbewegungen von Armen oder Beinen, Verkrampfungen der Mimik, gestörter Atemfluss. Sie stellen misslungene Selbsthilfeversuche dar, mit denen das Kind auf das Unvermögen zu sprechen reagiert und die sich nach und nach zu einem automatischen Verhalten entwickelt haben. Zu diesen ungünstigen Bewältigungsstrategien gehören auch...

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