Klassische Lerntheorien - Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie

Klassische Lerntheorien - Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie

von: Guy Bodenmann, Meinrad Perrez, Marcel Schär

Hogrefe AG, 2015

ISBN: 9783456955988

Sprache: Deutsch

304 Seiten, Download: 2205 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Klassische Lerntheorien - Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie



2 Klassische Konditionierung (S. 42-43)

Zur Einführung drei Szenarien: Eine Frau schaut auf das eben gekaufte Flugticket und bemerkt, wie sich ihr Puls beschleunigt. Ein junger Mann sieht eine Bierwerbung und zündet sich umgehend eine Zigarette an. In einer Küche wird der Dosenöffner aus der Schublade genommen, und kurz darauf schmiegt sich die eben noch schlafende Katze an die Beine ihres Besitzers. Diese drei Momentaufnahmen haben eines gemeinsam: Ein Organismus nimmt jeweils einen Reiz wahr und reagiert darauf. Wie aber kommt es, dass ein Stück Papier Herzrasen verursacht? Weshalb verspürt der Mann gerade in diesem Moment Lust auf eine Zigarette? Weshalb wacht die Katze auf, wenn eine Dose geöffnet wird? Angeboren sind diese Reaktionen nicht. Die genannten Verhalten sind Beispiele von so genannten Konditionierungen. „Die Theorie des klassischen Konditionierens versucht zu erklären, warum bestimmte Reize, die nicht angeborenermaßen verhaltensauslösende Qualität besitzen, die Eigenschaft erhalten, bestimmte Reaktionen auszulösen“ (Perrez & Zbinden, 1996, S. 302). Die wichtigsten Vertreter der klassischen Konditionierung sind Pawlow und Watson. Ihre Theorien werden im folgenden Kapitel vorgestellt.

2.1 Historische Einbettung In der Wissenschaft werden mit der Jahrhundertwende die Disziplinen Chemie und Physik innerhalb weniger Jahre auf völlig neue Grundlagen gestellt. Damit wandelt sich das Weltbild. Rutherford zeigt auf, dass Atome teilbar sind, Planck veröffentlicht seine Quantentheorie und Einstein publiziert 1905 die Relativitätstheorie. Raum, Zeit und Materie treten in eine völlig neue Beziehung. Auch diverse technische Erfindungen revolutionieren die Welt. 1883 meldet Daimler ein Patent für den ersten brauchbaren Benzinmotor an, Stromgeneratoren werden erfunden und bald rollen massenweise Autos vom Fliessband der Firma Ford. Durch die Modernisierung der Arbeitsabläufe kommt es innerhalb kürzester Zeit zu einer massiven Steigerung der Produktivität. Durch diese Welle der Industrialisierung nimmt der Kapitalismus zu und mit ihm die Anliegen des Proletariats. Sozialistische Strömungen - unter anderem die Arbeit von Marx und Engels - gewinnen an Einfluss.

Örtlich und zeitlich parallel zur Wiege der Lernpsychologie bricht 1905, aufgrund großer Arbeitslosigkeit und sozialer Not, in St. Petersburg die russische Revolution aus. Auch künstlerisch wird opponiert. Die idealisierende wilhelminische Repräsentationskunst weicht dem Impressionismus und schließlich dem Expressionismus, welche beide die Subjektivität der Wahrnehmung thematisieren. Der Konstruktivismus in Russland mit Vertretern wie Kandinsky oder Malewitsch, mit ihren geometrischen Formen, ist ein Bekenntnis zur modernen Technik und wird zur offiziellen Kunst der Russischen Revolution ernannt. Was in der Kunst die einzelnen geometrischen Formen sind oder in der Chemie die Grundelemente, ist in der Psychologie die Suche nach den elementaren Bausteinen des Erlebens und Verhaltens.

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