Allgemeine Geologie

Allgemeine Geologie

von: Peter Rothe, Jürgen Schmude, Bernd Cyffka

wbg Academic in der Verlag Herder GmbH, 2015

ISBN: 9783534266449

Sprache: Deutsch

155 Seiten, Download: 8757 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Allgemeine Geologie



1 Aufbau der Erde


Rotationsellipsoid

Meteoriten

Diskontinuitäten

Magnetfeld der Erde

Wasserhülle der Erde

Atmosphäre

Die gemeinhin als Kugel beschriebene Erde ist eigentlich ein infolge ihrer Rotation an den Polen leicht abgeplattetes Rotationsellipsoid. Die durch die Rotation hervorgerufene Zentrifugalkraft wirkt sich am Äquator am stärksten aus und führt dort zu einer Aufwölbung. Aus der Stellung der Erde im Planetensystem im Zusammenhang mit der Gravitation ergibt sich eine Gesamtdichte von 5,5 g/cm3, die man mit den zugänglichen irdischen Gesteinen vergleichen kann: die Gesteine der Erdkruste haben im Bereich der Festländer eine durchschnittliche Dichte von 2,7 g/cm3, im Bereich der Ozeane von 2,95 g/cm3. Die tieferen Anteile der Erde müssen also schwerer sein und erste Hinweise auf das entsprechende Material geben uns Meteoriten, von denen manche neben Eisen auch hohe Anteile von Nickel enthalten. Da die Materialdichte die Geschwindigkeit von Erdbebenwellen bestimmt, lassen sich damit Rückschlüsse auf die tieferen Bereiche gewinnen: Hier treten sprunghafte Änderungen (Diskontinuitäten) auf, die sich mit Materialänderungen erklären lassen, wobei über das Material selbst noch vielfach spekuliert wird. Dabei helfen auch Laborexperimente, mit denen man bekannte Gesteine hohen Drücken und Temperaturen aussetzen kann. Die mit zunehmender Tiefe ansteigende Temperatur ist uns aus tiefen Bergwerken und Bohrungen zugänglich, führt aber bei linearer Extrapolation bis zum Erdmittelpunkt zu völlig unglaubwürdigen Werten. Zum abgeleiteten Wissen gehört auch die Erklärung des Magnetfelds der Erde, das man heute mit Hilfe von Experimenten auf Turbulenzen und schnelle Bewegungen flüssigen Eisens im Äußeren Erdkern zurückführt. Die einfachste Gliederung in eine spezifisch leichte Kruste, einen schwereren Mantel und einen sehr schweren, teilweise flüssigen Kern lässt einen Vergleich mit dem Hochofenprozess zu. Um schwerere Gesteine ohne wesentliche chemische Änderungen zu erklären, werden hypothetische Annahmen über eine zunehmende Koordinationszahl in Kristallgittern bei höheren Drücken gemacht. Schließlich ist auch die Wasserhülle der Erde erklärungsbedürftig, für die neben einer Entgasung des Mantels vor allem die Akkretion von Kometen („schmutzige Schneebälle“) in der Frühzeit diskutiert wird. Über die Entwicklung der Atmosphäre dagegen lässt sich schon Genaueres sagen: Die ursprünglich vorhandenen Edelgase einer sog. primordialen Atmosphäre sind im Vergleich mit den kosmischen Häufigkeiten weitgehend defizitär, sie bestand wesentlich aus CO2, Wasserstoff, Stickstoff. Die heutige Atmosphäre hat sich in 4,6 Milliarden Jahren entwickelt, wobei deren Sauerstoffgehalt wesentlich durch die Entwicklung der Pflanzen gesteuert wurde. Unser Wissen über die Erde ist also zu großen Teilen abgeleitetes Wissen.

1.1 Das Schalenmodell


Geothermische Tiefenstufe

Herkunft der Schmelzen aus dem oberen Mantel

Aufbau und Zusammensetzung des Erdkörpers (Abb. 1) lassen sich nach dem Material, dem Aggregatzustand und den entsprechenden Temperatur- und Druckverhältnissen beschreiben, die sämtlich untrennbar miteinander verbunden sind. Die Temperatur nimmt von der Oberfläche her im Durchschnitt alle 33 m um 1 °C zu, was als Geothermische Tiefenstufe (in m) bzw. Geothermischer Gradient (in K km–1) bezeichnet wird: in 10 km Tiefe herrschen also bereits etwa 300°C. Eine entsprechende lineare Extrapolation bis zum Mittelpunkt der Erde führt allerdings zu völlig unwahrscheinlichen Werten. Der geothermische Gradient ist nämlich vor allem abhängig vom lokalen Wärmefluss, und dieser hängt seinerseits im Wesentlichen von der Dicke der Kruste ab. Gesteine sind schlechte Wärmeleiter. Wenn man es nicht schon aus geophysikalischen Messergebnissen wüsste, könnte man im Umkehrschluss sagen, dass wegen der z.B. in den oft über 3000m tiefen südafrikanischen Goldbergwerken beobachteten Wärmeanomalie die Erdkruste dort besonders dick sein muss. Die Wärmeleitung kann durch Konduktion, Strahlung oder unter Mithilfe von Wasser und Gasen durch Konvektion erfolgen. Basaltlava ist etwa 1100 bis 1250°C heiß, was eine Herkunft der Schmelzen aus dem oberen Mantel, aus Tiefen von 80 bis etwa 150 km wahrscheinlich macht. Die Temperaturen im Erdkern dagegen lassen sich nur anhand von Experimenten mit einem aus Vergleichen mit Eisen-Meteoriten erschlossenen Material (s.u.) ermitteln. Die Wärme, die unser Planet noch ständig abstrahlt, stammt zum Teil noch aus der frühen Akkretionsphase, als die kinetische Energie aus dem Meteoritenbombardement in Wärme umgewandelt wurde, als die Abtrennung des Eisenkerns aus einer vollkommen geschmolzenen Früh-Erde Gravitationsenergie freisetzte und zusätzlich aus dem Zerfall radioaktiver Elemente, die vor allem in der Kruste angereichert sind. Hinzu kommt noch die während der zunehmenden Kristallisation des flüssigen Erdkerns freiwerdende Wärme.

Experimente

Asthenosphäre

Lithosphäre

Ursache für den Plattentransport

Im Labor lassen sich zwischen den extrem feinen Spitzen bzw. Schneiden von Diamanten Drücke simulieren, wie sie im äußeren Erdkern wahrscheinlich sind. Die entsprechenden hohen Temperaturen steuert in solchen Versuchen ein Laser bei. Damit hat man mit neuesten Experimenten für den Mittelpunkt der Erde jetzt 6000 ± 500 K abgeschätzt. Da Aggregatzustände sich auch auf das Verhalten von Erdbebenwellen auswirken, lässt sich so der relative Temperaturverlauf innerhalb des Erdkörpers nachverfolgen: Diese seismisch-tomographischen Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Wellen in kalter Materie schneller bewegen als in warmer: damit lässt sich auch der Wärmeverlauf im Erdmantel verfolgen. Neben Aussagen zum Temperaturverlauf geben Erdbebenwellen auch Hinweise zum Aggregatzustand: aus dem Verhalten von Scherwellen (s.u.) weiß man, dass der äußere Erdkern flüssig sein muss und dass es auch im oberen Mantel Bereiche gibt, die mit partiellem Schmelzen (Mischung aus Kristallen und Schmelze) erklärbar sind, was zu der Bezeichnung Asthenosphäre (low velocity zone, weil dort die Erdbebenwellen verlangsamt werden) geführt hat. Im Gegensatz zur starren Lithosphäre bewegt sich dieses Material im Mantel konvektiv und zähplastisch (mit der Zähigkeit von Glas), was als Ursache für den Plattentransport gilt. Dass die Fließbewegung den gesamten Mantel erfasst, wird auch durch die Tatsache belegt, dass in seinem tiefsten Bereich, in der D“”-Schicht (s.u.), offensichtlich Schollen angehäuft werden, die aus oberflächennahen Bereichen stammen. Für den äußeren flüssigen Erdkern wird eine dem Wasser vergleichbare Viskosität mit einer entsprechend hohen Fließgeschwindigkeit vermutet.

stoffliche Zusammensetzung der Erdschalen

Volumen der Erde

Die stoffliche Zusammensetzung der Erdschalen ergibt sich zunächst aus der direkten Beobachtung der an der Oberfläche anstehenden Gesteine. Die obere kontinentale Erdkruste besteht zu etwa 95 % aus Granodiorit oder Gneis, die Dichten von etwa 2,7 g/cm3 haben, die der tieferen Anteile aus Basalt oder Gabbro mit ca. 3 g/cm3. Wenn man diese Werte mit den astronomischen Daten für die Dichte der Gesamterde vergleicht (5,5 g/cm3) so zeigt das zunächst, dass es in ihrem Inneren noch wesentlich schwerere Komponenten geben muss. Von den über 6370 km des Erdradius (wegen der durch die Zentrifugalkraft bedingten Abplattung 6378 km am Äquator und 6357 km an den Polen), kennen wir aus einer extrem tiefen Bohrung auf der Kola-Halbinsel maximal 12 km, also fast nichts – alles andere ist weitgehend abgeleitetes Wissen, das sich aus dem Verhalten von Erdbebenwellen, theoretischen Erwägungen, Laborexperimenten und dem Vergleich mit Meteoriten ergibt. Die Erde ähnelt einer Zwiebel, sie lässt sich nämlich in weitere Teilschalen unterteilen: die Kruste in eine kontinentale und ozeanische, der Mantel in mindestens einen oberen und einen unteren und der Kern in einen äußeren und einen inneren Kern. Man unterscheidet die feste Lithosphäre von der darunter folgenden Asthenosphäre, wobei zur Lithosphäre auch die festen Teilbereiche des obersten Mantels gerechnet werden. Die Grenze ist allerdings nicht scharf, weil Teilbereiche des oberen Mantels geschmolzen sein können und auf Erdbebenwellen entsprechend reagieren. Primärwellen laufen durch Gesteine höherer Dichte schneller als durch solche geringerer Dichte: Die Geschwindigkeiten steigen entsprechend der Gesteinszusammensetzung in Stufen von 2–7,5 km/sec in der Kruste über 8 km/sec im Mantel auf über 11 km/sec bis zur Grenze zum Kern hin an, und fallen dort schlagartig wieder auf 8 km/sec zurück. Dieser Wechsel vollzieht sich in bestimmten Tiefen sprungartig, sodass man von Diskontinuitäten spricht. Die Lithosphäre ist nicht gleichmäßig dick, sondern reicht unter den Ozeanen nur 5–10 km tief, kann unter hohen Gebirgen aber bis 80 km betragen. Sie...

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