Physische Geographie 1 - Geomorphologie

Physische Geographie 1 - Geomorphologie

von: Roland Baumhauer, Bernd Cyffka, Jürgen Schmude

wbg Academic in der Verlag Herder GmbH, 2013

ISBN: 9783534734160

Sprache: Deutsch

151 Seiten, Download: 12066 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Physische Geographie 1 - Geomorphologie



Die endogene Dynamik umfasst all jene Prozesse, die sich auf Kräfte (Energiezufuhr) aus dem Erdinneren zurückführen lassen und in das plattentektonische Gesamtkonzept eingebettet sind. Zu den endogenen Prozessen zählen lang andauernde und großräumige, als Epirogenese (s. Kap. 2.4) bezeichnete Hebungen und Senkungen von Krustenteilen, die Kontinentaldrift mit der Öffnung und Schließung von Ozeanen, Erdbeben und magmatische Erscheinungen (Vulkanismus und Plutonismus, s. Kap. 2.5) sowie die Orogenese (s. Kap. 2.4).

Höhenverteilung auf der Erdoberfläche

Durch die hypsographische Kurve wird die auf der Erdoberfläche vorhandene Höhenverteilung dargestellt. Die mittlere Höhe der Kontinente beträgt 875 m über NN, die mittlere Tiefe der Ozeane etwa 3800 m unter NN. Tiefseeebenen (4000 bis 6000 m u. NN) und Kontinentalplattformen (200 m u.NN bis 2000 m ü. NN) nehmen die anteilsmäßig größten Flächen ein. Der Kontinentalschelf und damit auch die Flachseebereiche zwischen dem Meeresspiegel und 200 m u. NN werden noch dem Kontinentalbereich zugerechnet, so dass die strukturelle Grenze der Kontinente nicht vom variablen Meeresniveau, sondern vom Kontinentalhang gebildet wird. Von Meeresspiegelschwankungen sind besonders die Kontinentalschelfbereiche und die Tiefebenen der Kontinente betroffen. So lagen weite Teile des heutigen Kontinentalschelfs während der Kaltzeiten des Pleistozän über dem Meeresspiegel. Hochgebirge und Tiefseegräben umfassen nur geringe Flächenanteile. Hier finden sich allerdings mit knapp 8867 m ü. NN der Mt. Everest als höchste und der Marianengraben im westlichen Pazifik mit 11034 m unter dem Meeresspiegel als tiefstgelegene Stellen des Planeten.

Erdentstehung und -entwicklung

Heute geht man davon aus, dass sich vor ca. 4,6 Mrd. Jahren durch Akkretion von meteoritischem Material eine Urerde bildete, ein willkürliches Gemisch von Materieklumpen. Bei der fortdauernden Kollision des frühen Erdkörpers mit Planetesimalen (aus Materie bestehende Vorläufer und Bausteine der Planeten unterschiedlicher Größe) und größeren extraterrestrischen Körpern wurde deren Bewegungsenergie zu einem Großteil in Wärme umgewandelt. Aufgrund der zunehmenden Größe dieses frühen Erdkörpers erhöhten sich Druck und Temperatur in seinem Inneren. Eine weitere Hypothese geht davon aus, dass auch die Wärmeabgabe durch Kernspaltung eine Rolle bei der Aufheizung des Planeten gespielt hat. Die genannten Prozesse führten zu einem tiefgründigen bis vollständigen Aufschmelzen der Erde. Einige Wissenschaftler führen das Aufschmelzen auch auf einen gigantischen Impakt in der Frühzeit des Planeten zurück, bei dem ein Körper von der doppelten Größe des Mars mit der Erde kollidierte. Gleichzeitig soll nach dieser Hypothese auch der Mond durch Abspaltung von der Erde entstanden sein.

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Abb. 4: Hypsographische Kurve (eigener Entwurf)

Beim Aufschmelzen konnten gravitative Differenzierungsprozesse wirksam werden: Schwere Elemente wie Eisen und Nickel sammelten sich im Zentrum und bildeten den Kern, leichtere Elemente wie Silizium, Magnesium oder Aluminium reicherten sich dagegen im peripheren Bereich an. Durch Aufschmelzen, gravitative Entmischung und anschließende Abkühlung entwickelte sich die Erde also von einem homogenen Körper zu einem schalenartig aufgebauten Planeten.

Aufbau der Erde

Die Kenntnisse um den Aufbau der Erde resultieren im Wesentlichen aus geophysikalischen Untersuchungen, insbesondere dem Ausbreitungsverhalten seismischer Wellen, d.h. Erdbebenwellen, im Erdinneren. Die wichtigsten seismischen Wellen sind die P-Wellen (Primärwellen), die sich entlang der Fortpflanzungsrichtung in Form einer periodischen Verdichtung und Verdünnung des Mediums ausbreiten (und deshalb auch als Longitudinal- oder Kompressionswellen bezeichnet werden) und die S-Wellen (Sekundärwellen). Letztgenannte schwingen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung|10| und werden auch als Transversalwellen bezeichnet. Sprunghafte Veränderungen der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen in bestimmten Tiefen des Erdkörpers werden auf Änderungen der chemischen Zusammensetzung der Erdmaterie bzw. auf Modifikationen ihres Phasenzustandes zurückgeführt. Im Wesentlichen aufgrund dieser Unstetigkeitsflachen innerhalb des Erdkörpers, die auch Diskontinuitäten genannt werden, nimmt man heute an, dass die Erde aus konzentrischen Schalen aufgebaut ist. Diese bezeichnet man als Erdkern, Erdmantel und Erdkruste, die aufgrund weiterer Unstetigkeitsflächen in Obere und Untere Erdkruste, Oberen Mantel, Übergangszone, Unteren Mantel, Äußeren Kern und Inneren Kern untergliedert werden (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Schalenbau der Erde und Ausbreitungsgeschwindigkeit der Primärwellen (P-Wellen) (nach BAUER et al. 2001, S. 14, verändert)

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Erdkruste

Die Erdkruste ist die äußerste Schale des Planeten. Sie reicht von der Erdoberfläche bis zur Mohorovičič-Diskontinuität, die Unstetigkeitsfläche, die die Kruste gegen den darunter liegenden Erdmantel abgrenzt. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen kontinentaler und ozeanischer Kruste. Die mittlere Mächtigkeit der kontinentalen Kruste beträgt 35–40 km. Im Bereich junger Orogenesen (Gebirgsbildungen) liegen die größten Mächtigkeiten mit 50–80 km vor. Dort führt die Kollision von Lithosphärenplatten zu Krustenverdickungen. Geringe Mächtigkeiten weist die kontinentale Kruste dagegen unter jungen Riftzonen auf. Dort ist sie nur 20–25 km mächtig. Die mittlere Dichte der kontinentalen Kruste beträgt 2,7–2,8 g/cm3. In ihrem oberen Bereich besteht die kontinentale Kruste überwiegend aus sauren Magmatiten und Sedimentgesteinen (s. Kap. 3.2), während in den tieferen Abschnitten der Anteil an metamorphen Gesteinen (s. Kap. 3.2) zunimmt. Die ozeanische Kruste unterscheidet sich grundlegend von der kontinentalen Kruste. Ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 3 und 15 km. Sie besteht überwiegend aus basischen Magmatiten (Basalt und Gabbro), die von Tiefseesedimenten überlagert werden. Ihre mittlere Dichte beträgt 3,0 g/cm3. Die ozeanische Kruste ist jünger als die kontinentale Kruste. Sie wird an den Mittelozeanischen Rücken ständig neu gebildet und im Bereich von Subduktionszonen (s. Kap. 2.3) dem oberen Erdmantel zugeführt und dort wieder aufgeschmolzen.

Erdmantel

Der Erdmantel erstreckt sich von der Mohorovičič-Diskontinuität bis in eine Tiefe von 2900 km und umfasst damit etwa 84 Vol.-% (68 Gew.-%) des Erdkörpers. Der Erdmantel wird durch Übergangszonen – gekennzeichnet durch Laufzeitdiskontinuitäten der seismischen Wellen – in 400 und 670 km Tiefe untergliedert. Als Ursache für die Übergangszonen werden druck- und temperaturbedingte Veränderungen der Struktur der Mantelminerale angenommen, wobei mit zunehmender Tiefe Minerale mit größerer Dichte und kleinerem Volumen entstehen. Die in 670 km Tiefe gelegene Übergangszone trennt den Oberen vom Unteren Mantel. Aufgrund seismischer Untersuchungen nimmt man an, dass der Mantel zwar weitgehend fest ist, dass unter den bestehenden Drücken und Temperaturen aber eine gewisse Fließfähigkeit (einige cm/a) als Voraussetzung für die Mantelkonvektion gegeben ist.

Erdkern

Der Erdkern wird vom Erdmantel durch eine etwa 200 Kilometer mächtige thermische Grenzschicht mit stark ansteigenden Temperaturen getrennt. Ebenso wie der Mantel wird auch der Erdkern in einen äußeren und einen inneren Kern gegliedert. An der Grenze zum Äußeren Erdkern, in einer Tiefe von 5140 km, kommt es zu einer plötzlichen Geschwindigkeitsabnahme der P-Wellen, die Ausbreitung der S-Wellen kommt völlig zum Erliegen. Das Verschwinden der S-Wellen zeigt den flüssigen Zustand des äußeren Kerns an, da sich S-Wellen in derartigen Medien nicht ausbreiten können. Man vermutet heute, dass der Erdkern aus einer metallischen Legierung aus Eisen, Silizium, Nickel und weiteren leichten Zusätzen aufgebaut ist. Am Übergang vom äußeren zum Inneren Erdkern lässt sich eine erneute Zunahme der Ausbreitungsgeschwindigkeit von P-Wellen beobachten, ein Hinweis auf einen – aufgrund der hohen Drücke in diesem Bereich – festen inneren Kern.

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Lithosphäre

Die mechanisch relativ steife und spröde „Außenhaut“ der Erde wird als Lithosphäre bezeichnet. Die Lithosphäre umfasst sowohl die Erdkruste als auch den äußersten, festen Bereich des Oberen Mantels und reicht bis in eine Tiefe von etwa 100–250 km. Die Lithosphäre „schwimmt“ auf der unterlagernden Asthenosphäre, einem partiell aufgeschmolzenen, zähplastischen Bereich, der...

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