Abenteuer planen? - Didaktisches Handeln in Erlebnispädagogik und Outdoortraining

Abenteuer planen? - Didaktisches Handeln in Erlebnispädagogik und Outdoortraining

von: Tobias Kamer

ERNST REINHARDT VERLAG, 2017

ISBN: 9783497604340

Sprache: Deutsch

124 Seiten, Download: 25312 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Abenteuer planen? - Didaktisches Handeln in Erlebnispädagogik und Outdoortraining



5   Kennenlernen und Informationssammlung als Grundlage der Planung

Bevor mit einer detaillierten Kursplanung begonnen werden kann, ist es wichtig, genügend Informationen zu sammeln. Dabei gilt es, die wesentlichen Erkundigungen vorzunehmen, die es danach ermöglichen, der Zielgruppe, den Rahmenbedingungen und natürlich den Zielsetzungen angemessene Aktivitäten festzulegen und durchzuführen.

Je nachdem, in welchem Rahmen diese Aktivitäten geplant werden, können grundsätzlich zwei Herangehensweisen unterschieden werden. Von offen ausgeschriebenen Kursen spricht man, wenn neue Programme oder Kurse entwickelt werden, die ihr Zielpublikum erst danach mittels offenen Ausschreibungen finden werden. Wird demgegenüber ein Seminar auf eine konkrete Anfrage hin oder auf Grund eines Angebotes für eine spezifische Gruppe und eine gegebene Zielstellung hin geplant, ergibt sich eine andere Herangehensweise. Dann können im Rahmen einer Auftragsklärung die notwendigen Informationen für die Planung gesammelt werden. Im Folgenden wird daher getrennt auf diese beiden Wege der Informationssammlung eingegangen – wohl wissend, dass in der Praxis oft auch Mittelwege nötig sind.

5.1   Auftragsklärung : Vom Erstkontakt zu einer gemeinsamen und realistischen Vorstellung des Kurses

In der Phase der Auftragsklärung geht es darum, von einem ersten Kennenlernen zu einem gemeinsamen und realistischen Verständnis über die Ziele, Inhalte, Ergebnisse und Maßnahmen eines Seminars oder Kurses zu kommen. Fast ebenso wichtig wie die inhaltlichen Fragestellungen sind dabei auch atmosphärische Aspekte. Im Erstkontakt ist daher das Beziehungsmanagement ebenso wichtig wie die Arbeit an den inhaltlichen Themen. Im gegenseitigen Beschnuppern und Kennenlernen baut sich zwischen Kunden und Anbieter hoffentlich eine tragfähige Beziehung und ein Vertrauen in die Arbeitsweise der Trainer auf. Die ist nötig, weil der Kunde mit einem erlebnispädagogischen Kurs im Vorfeld immer mehr oder weniger die „Katze im Sack“ kauft. Zwar können Leistungen und einzelne Aktivitäten im Vorfeld klar festgelegt werden, die pädagogische Prozessbegleitung und die von den Teilnehmenden erreichten Ergebnisse werden aber immer erst im Nachhinein sicht- und beurteilbar bleiben.

Erstkontakt

Der Erstkontakt ist für das Zustandekommen von Trainings und Kursen zentral. Auf die verschiedenen Arten von Kontaktaufnahme und darauf, wie dabei eine erfolgversprechende Gesprächsführung verläuft, soll hier nicht vertieft eingegangen werden. Im Rahmen dieses Buches sollen aber die Aufgaben und Ergebnisse der Erstkontakt festgehalten werden:

   Als erstes findet ein Vergleich der Angebote und Fähigkeiten des Anbieters mit den Bedürfnissen und Zielen des Auftraggebers statt. Passen die Angebote und die methodischen Ansätze überhaupt zu den Zielen und Vorstellungen des Kunden? Kann diese Frage nicht bejaht werden, finden sich wahrscheinlich nicht die richtigen Partner.

   Ein erster Abgleich der erwünschten Wirkungsziele der Bildungsmaßnahme mit den Bedürfnissen, Vorerfahrungen und etwaigen Einschränkungen der Teilnehmenden sowie der zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen zeigt auf, ob diese überhaupt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erreicht werden können. Dazu zählen neben den Finanzen sicherlich auch die zeitlichen Ressourcen.

   Im Verlauf des Erstkontaktes wird häufig ein grober erster Entwurf für einen möglichen Kurs skizziert. Diese Skizze hat die Funktion, die Arbeitsweise des Anbieters aufzuzeigen und im Gegenüber ein inneres Bild zu entwerfen, so dass es sich eine Vorstellung über das mögliche Geschehen machen kann.

   Der Erstkontakt zeigt häufig auch auf, ob die Chemie zwischen den Partnern stimmt und eine Beziehung auf persönlicher Ebene entstehen kann. Es geht also auch darum, ein Kennenlernen und das Finden einer gemeinsamen Sprache zu ermöglichen. „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei letzterer den ersten bestimmt“ (Watzlawick et al. 2011, 56).

Als Ergebnis des Erstkontaktes steht ein erstes Abwägen von Nutzen und Kosten einer Maßnahme und der Erwartungen an Inhalt und Methodik. Ist die Übereinstimmung nicht ausreichend, trennen sich hier die Wege der beiden Parteien wieder. Ich rate auch den Anbietenden, dies ernsthaft abzuwägen. Wenn sie selbst kein gutes Gefühl nach dem Erstkontakt haben, können sie sich den kommenden Aufwand für Angebotserstellung und Auftragsklärung sparen, der ja in den meisten Fällen eine unbezahlte Vorinvestition in einen möglichen späteren Auftrag bleibt.

Übrigens bleibt der Erstkontakt oft – vielleicht ist das sogar der häufigere Fall – eine einseitige Sache. Nämlich dann, wenn der potentielle Auftraggeber sich seine Informationen über öffentlich zugängliche Wege wie schriftliche Unterlagen und Webseite des Anbieters sucht oder sich auf die Meinung Dritter verlässt. Passt das Angebot an sich oder die Art, wie es kommuniziert wird, nicht zu seinen Bedürfnissen und Wünschen, bleibt es bei einer einseitigen Entscheidung – gegen den Anbieter.

Fragen zum Erstkontakt

   Wie ist der Erstkontakt entstanden? (Gab es Vorkontakte, Empfehlungen, persönliche Beziehungen?)

   Welche Vorinformationen habe ich zum Auftraggeber? (Ziele, Organisation, Stellung und Entscheidungskompetenz der Kontaktperson) Welches Vorwissen könnte der Auftraggeber über mich und meine Angebote haben? Was könnte ihn besonders interessieren?

   Welche Widerstände und Befürchtungen oder Kritik könnte der Kunde bezüglich des handlungsorientierten Lernens in der Natur haben?

   Was sind die Stärken meiner Angebote? Welche Kompetenzen habe ich in Bezug zu den Aufgaben und Zielen des Auftraggebers?

   Welche Honorarvorstellung habe ich? Über welche zeitlichen Ressourcen kann ich verfügen? Zu welchen Vorleistungen bin ich bereit, bevor ich eine definitive Zusage habe?

Wie halte ich es mit den Zahlen?

Wann sollten Kosten und Budgets im Laufe der Auftragsklärung zum Thema werden? Meine Erfahrung mit eigenen und von mir betreuten Projekten zeigt klar auf, dass es sinnvoll ist, zumindest die Größenordnung der erwarteten Kosten frühzeitig zu kommunizieren. Dies hilft, späteren Enttäuschungen vorzubeugen. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, wie ich schon Kurskonzepte entworfen und für das schriftliche Angebot schon Termine verschoben habe, um erst danach zu erfahren, dass das Budget der Lehrkraft für die ganze Klassenfahrt nicht einmal dafür ausreicht, nur einen Tag meiner Honorarvorstellung abzudecken. Weder der zeitliche Aufwand der Projektentwicklung noch die Enttäuschung wären entstanden, hätte ich die Frage nach dem Budget des Lehrers rechtzeitig gestellt.

Eine Gefahr bei den ersten Kontakten liegt darin, dass im Ringen um Aufträge unrealistische Erwartungen geschürt werden und Ergebnisse versprochen werden, die kaum einzuhalten sind. Die Ergebnisse von handlungs- und prozessorientierten Bildungs- und Trainingsveranstaltungen bleiben aber im Voraus nicht vorhersagbar. Es ist daher in eigenem Interesse wichtig, beim Erstkontakt realistische Ergebnisse zu kommunizieren. Wer in einem siebenstündigen Outdoortraining ein Change-Prozess verspricht oder in einer dreitägigen Klassenfahrt ein Mobbingproblem lösen will, schenkt nicht nur dem Kunden unreinen Wein ein, sondern tut sich auch selbst keinen Gefallen, sollte er die vollmundigen Behauptungen nicht einlösen können. Und wahrscheinlich hat er das Interesse der Kunden auf handlungsorientiertes Lernen in der Natur nachhaltig geschädigt – zum Leidwesen aller Anbietenden.

Gute Erfahrungen werden damit gemacht, schon im Erstkontakt darüber zu sprechen, welche Ergebnisse möglich und wahrscheinlich sind und den Lernprozess als solches zu beschreiben. Ebenso ist es hilfreich, auch Grenzen der Arbeit zu benennen und das zu thematisieren, was in einem Seminar nicht passieren soll.

Auftragsklärung und Angebotserstellung

Können sich beide Parteien grundsätzlich eine Zusammenarbeit vorstellen, folgt die eigentliche Auftragsklärung. Am Ende des Auftragsgesprächs stehen dem Anbietenden die notwendigen Informationen zu den Zielen, den Rahmenbedingungen und den Teilnehmenden zur Verfügung, aus denen ein konkretes Angebot erarbeitet werden kann. Dafür sind nun auch Fragen zum groben zeitlichen Rahmen und den Örtlichkeiten zu klären.

Der zeitliche Rahmen eines Angebotes sollte dabei mit der Zielsetzung übereinstimmen. Eine intensive und prägende Lernerfahrung bedarf mehr zeitlicher Ressourcen als eine kurze handlungsorientierte Auffrischung von Grundsätzen der Teamarbeit. Eine Biwak-Expedition mit hohen Anteilen an Selbstorganisation kann nicht an einem Tag durchgeführt werden, ein Seminar mit einigen kooperativen Erlebnisaufgaben hingegen schon. Der deutsche Bundesverband für Erlebnispädagogik unterscheidet übrigens in seiner Broschüre „Erlebnispädagogik mit Qualität“ explizit zwischen dem Einsatz von erlebnispädagogischen Methoden und Aktivitäten bzw. Erlebnispädagogik an sich. Für letztere schlägt er eine Mindestdauer von drei Tagen vor (Bundesverband für Individual- und Erlebnispädagogik 2015) – eine passende untere Grenze für eine handlungs- und prozessorientierte Lernform.

Diese Angaben fließen oft mit einer ersten groben Programmskizze in ein konkretes Angebot ein, anhand dessen der Auftraggeber entscheiden kann, ob er das Angebot wahrnimmt. Ob die...

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