Digital Cleaning - Informationsflut bewältigen, digital aufräumen und Ordnung halten mit System

Digital Cleaning - Informationsflut bewältigen, digital aufräumen und Ordnung halten mit System

von: Herbert Hertramph

mitp Verlags GmbH & Co. KG, 2017

ISBN: 9783958455368

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 17541 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Digital Cleaning - Informationsflut bewältigen, digital aufräumen und Ordnung halten mit System



Einführung


Von Informationsfluten und Zettelkästen


Themen wie »Informationsbewältigung«, »Belastung durch zu viel Information«, »Information beherrschen« gehören in einen Bereich, zu dem man fast unendlich viele Bücher schreiben könnte. Wann und wo in der Menschheitsgeschichte beginnt das, was wir als ein »Zuviel« an Information empfinden? Sollen wir bei der antiken Bibliothek von Alexandria, 3. Jahrhundert vor Christus, ansetzen? Oder erst mit der Entstehung des Buchdrucks um 1500? Mit dem Erscheinen regelmäßiger Tageszeitungen um 1600? Mit der Warnung vor »Lesesucht« und »Lesewut« im 18. Jahrhundert, wo man insbesondere Frauen und Jugendliche gefährdet sah? Oder doch erst mit Telegraf und Radio um 1900? Noch später? Der Beginn des Fernsehens Mitte des 20. Jahrhunderts? Oder sollen wir direkt in das Feld der »digitalen Überflutung« an der Schwelle vom 20. zum 21. Jahrhundert springen? Jeder eben angeschnittene Abschnitt der Mediengeschichte kann ganze Bände füllen, zumindest aber umfangreiche Kapitel. Sie werden zu diesem Buch mit anderen Erwartungen gegriffen haben und es wäre nicht fair, zu weit abzuschweifen. Dennoch möchte ich gerne am Anfang zwei kurze Beispiele der jüngeren Informationsgeschichte erwähnen, um zu zeigen, dass der Zwiespalt zwischen »Information ist belastend« und »Information bringt neue Erkenntnisse« nicht erst mit dem Einzug des Computers begonnen hat.

Erstes Stichwort: »Informationsflut«

Wenn man im Archiv der gedruckten Ausgaben des Magazins DER SPIEGEL nach Begriffen wie zum Beispiel »Informationsflut« sucht, so findet man über viele Jahrgänge hinweg – nichts. Obwohl die Zeitschrift seit Ende der 40er-Jahre des letzten Jahrhunderts wöchentlich erscheint und vielfältige Probleme des Alltags thematisiert, scheint zumindest die Bevölkerung in Deutschland nur selten ein Problem in der Menge der angebotenen Informationen zu sehen. Von Tageszeitungen und Radioprogrammen abgesehen, verfügte die junge Republik in den 50er-Jahren über einen einzigen Fernsehsender, die ARD, der sein Programm gegen 17:00 Uhr startete und wenige Stunden später beendete. In den 60er-Jahren kamen zwar ZDF und dritte Programme hinzu, aber so richtig »belastet« fühlte man sich auch jetzt noch nicht, obwohl in den USA, die zu diesem Zeitpunkt schon sehr üppig mit Sendern, Programmen und Ganztages-Fernsehzeiten geflutet wurden, die ersten Bücher des kanadischen Kommunikationstheoretikers McLuhan erschienen, der das »Ende des Buchzeitalters« vorhersagte und davon schrieb, dass sich »durch neue Technologien« die Kultur ändern würde und »das, was vorher klar war, trüb werden [würde]« (Marshall McLuhan: Die Gutenberg-Galaxis: Die Entstehung des typographischen Menschen).

Erst in der SPIEGEL-Ausgabe vom 17. 4. 1972 schaffte es ein anderer amerikanischer Autor, Ben H. Bagdikian, das Thema »Informationsschwemme« in den Mittelpunkt zu rücken. Unter der Überschrift »Die Elektronen haben keine Moral« zitiert DER SPIEGEL aus dem Werk »The Information Machines« bedrohliche Szenarien:

»Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wird eine neue Technologie mehr tägliche Informationen unter mehr Menschen streuen können, als je zuvor in der Weltgeschichte.« (DER SPIEGEL 17/1972, S. 158) Nach einer ausführlichen Aufzählung der schwindelerregenden Steigerung der Erfassung von Information (»Die Mikrophotographie, die bis vor kurzem noch 60 Bilder auf ein Transparent in Handgröße reduzierte, ist inzwischen so weit entwickelt, daß sie 3200 Seiten auf ein Ultramikro-Blatt im Format von zehn mal 15 Zentimern verkleinert ...«) wird das Bild entworfen, dass amerikanische Journalisten schon bald mittels »Video-Terminal« ihre Artikel direkt in einen Computer eingeben könnten und dass vielleicht schon in den 90er-Jahren der Konsument via »Zeitungs-Computer« direkt zusätzliches Nachrichten-Material anfordern könnte.

Der Artikel schließt mit einer Passage aus Bagdikians Buch, in der erklärt wird, dass die »Überschwemmung des Individuums mit Informationsfluten frei Haus« letztlich nur die »Illusion umfassenden Wissens« erzeuge.

Die einen fühlten sich von der zunehmenden Informationsmenge belastet – für andere bildeten möglichst umfangreiche Informationszusammenstellungen den Weg zur Erkenntnis, wie gleich das zweite Beispiel zeigen wird.

Zweites Stichwort: »Luhmanns Zettelkasten«

Etwa zur gleichen Zeit, in der der oben erwähnte Artikel entstand, gelangte der »Zettelkasten« eines Wissenschaftlers zu Ruhm und Ehre.

Niklas Luhmann zählte in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts zu den bekanntesten deutschen Soziologen und Gesellschaftstheoretikern. Im Rahmen seiner Professur an der Universität Bielefeld entstanden unzählige Publikationen, die nicht unbedingt in leichter Sprache verfasst waren, da er mit einer möglichst allumfassenden (System-)Theorie versuchte, die Beziehungen zwischen sehr komplexen Sachverhalten in Verbindung zu setzen. Zu einer gewissen Berühmtheit brachte es das Recherche-Archiv von Luhmann, das ihm als Grundlage für neue Veröffentlichungen diente. Zwar verstarb Luhmann bereits 1998, aber aufgrund von Erbstreitigkeiten kann dieses Archiv erst seit einigen Jahren erforscht werden. Man kann sich den »Zettelkasten« genau so vorstellen, wie es das Wort vermuten lässt: In Holzschubladen sind ca. 90.000 (!) Zettel und Schnipsel aufbewahrt. Zitate, Überlegungen, Zusammenfassungen, Skizzen finden sich nicht nur auf Karteikarten, auch die Rückseite von Einkaufslisten, Stücke aus den Schulheften seiner Kinder, Scheckabrechnungen – alles, was im Moment der Idee zur Hand war, wurde verwendet. Die Zettel erhielten Nummern. Ein Thema konnte mit »Unterzetteln« ergänzt werden, also z. B. zwischen 64/11 und 64/12 konnte zu einem späteren Zeitpunkt der Zettel 64/11a und evtl. auch noch 64/11a1 hinzukommen.

Diese Nummerierung bildete die Grundlage für eine »Verlinkung« auf dem Papier. Um es an einem einfachen Beispiel zu illustrieren: Wurde im Themenbereich »gesellschaftliche Ungleichheit« ein neuer Zettel geschrieben, so konnte dieser einen Verweis »... siehe ›Einfluss des Wirtschaftssystems 458/8b‹« enthalten. Der Zettel 458/8b wiederum enthielt vielleicht einen Querverweis zu ethischen Überlegungen, die unter 1.112/44 zu finden waren, und so weiter. Damit entstand ein »Netz« an Verlinkungen, schon fast ein analoges Wiki-System.

Nebenbei: Es gibt sogar seit etlichen Jahren eine Datenbank, die ausdrücklich in Anlehnung an Luhmanns Zettelkasten programmiert wurde: »Zettelkasten nach Niklas Luhmann«, kostenlos, für Windows, MacOS und Linux (http://zettelkasten.danielluedecke.de/).

Ich habe bewusst Beispiele aus der Vergangenheit gewählt, damit man mit einigem Abstand seine eigene aktuelle »Informationslage« wahrnehmen kann. Vor allem illustrieren beide Schlaglichter sehr schön den Unterschied: Das Problem ist viel weniger die Information an sich, ja noch nicht einmal die Menge an Information. Der Unterschied ist: In Beispiel eins lässt man die Information gewissermaßen »über sich ergehen«, man wird »überschwemmt«, »überflutet« und fühlt sich hilflos.

Im zweiten Beispiel wird Information hingegen gebändigt. Strukturiert. Geordnet. Verbunden. Und auf diese Weise eben auch »beherrscht«, ohne dass man sich überfordert fühlt.

Grundlagen für Ihr persönliches Informationssystem


Wenn ich im Folgenden von »Ihrem System« schreibe, so ist damit ein Informationsmanagement gemeint, das Sie selbst Ihrem Alltag anpassen und das daher sehr unterschiedlich aussehen kann. Sie werden also kein »Wundersystem« beschrieben bekommen, weder die »Ninja-Tricks für Guerilla-Kämpfer« noch die »12 Wege in ein gelassenes Daten-Nirwana«. Denn kein System von der Stange kann für alle Situationen passen, so unterschiedlich wie die Anwender sind auch deren Erfordernisse. Einige Beispiele mögen zur Illustration genügen:

  • Stefan K., Student der Wirtschaftswissenschaften: Für ihn ist es wichtig, seine Daten immer und überall verfügbar zu haben. Er bevorzugt schnelle und mobile Lösungen. Und er möchte klausurrelevante Unterlagen jederzeit mit seinen Kommilitonen besprechen können. Über die Hochschule und im Studentenwohnheim verfügt er über schnelle Internet-Zugänge.

  • Paula S., Lehrerin für Biologie und Mathematik: Sie misstraut allen Cloud-Lösungen, da sie es mit sensiblen Schülerdaten zu tun hat. Ihre Daten sollen auf ihren eigenen Speichermedien verbleiben, der mobile Zugang ist wegen des schlechten WLAN-Zugangs in der Schule ohnehin nur eingeschränkt möglich. Weiterhin ist für Paula S. ein thematisches Archiv wichtig, damit sie nicht in jedem Schuljahr das Rad neu erfinden muss.

  • Johannes T., Coach in der Personalberatung, möchte rasch das Material für seine Workshops finden und Unterlagen mit seinen Klienten teilen können. Neben einem langfristigen Archiv müssen für diese und für den Steuerberater alle Unterlagen digitalisiert, Rechnungen und Spesenquittungen rasch zur Hand sein. Aktuell beschäftigen ihn auch die Arbeiten an der Modernisierung seiner Zentralheizung, sodass er dafür sorgen muss, dass ihm keine Nachrichten der Handwerker entgehen. Johannes hat sich erst vor kurzer Zeit selbstständig gemacht, seine Zeit ist knapp bemessen, für zeitaufwendige Datenpflege fehlen ihm einfach die Ressourcen.

  • Sarah G. führt ein kleines Übersetzungsbüro für Fachartikel: Vormittags ist sie im Büro erreichbar, nachmittags pflegt sie zu Hause vom Arbeitszimmer aus ihre Kundenkontakte. Für...

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