Neue Medien - neuer Unterricht? (E-Book)

Neue Medien - neuer Unterricht? (E-Book)

von: Stefan Hofer-Krucker Valderrama, Rémy Kauffmann

hep verlag, 2019

ISBN: 9783035514889

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 22279 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Neue Medien - neuer Unterricht? (E-Book)



Einleitung


«Digitalisierung» ist derzeit das Schlüsselwort in der Gesellschaft. Es bezeichnet die tiefgreifenden Veränderungen, die die Gesellschaft seit einigen Jahren in all ihren Bereichen erfassen und die sich aus der Entwicklung und dem Einsatz der neusten digitalen Technologien ergeben. Gefordert ist ein adäquater Umgang mit diesen Veränderungen. Die Schule rückt hierbei besonders stark in den Fokus: Denn die Schüler*innen von heute sollen dereinst die Gesellschaft weiterentwickeln und Probleme lösen, die sich jetzt schon abzeichnen. Entsprechend groß sind daher die Erwartungen an den Bildungssektor, die betreffende Vorbereitungsarbeit zu leisten.

Trotz hoher gesellschaftlicher Erwartungen sind die Maßnahmen, die bisher an Schulen ergriffen werden, überschaubar. Es fällt der Schule offensichtlich schwer, sich auf diese neusten gesellschaftlichen Entwicklungen einzulassen. Doch woher rühren diese Schwierigkeiten? Folgende Gründe sind zu nennen:

Digitalisierung wird in der Gesellschaft gemeinhin als technologische Entwicklung verstanden. Mit Blick auf die Schule sind hier in erster Linie digitale Geräte und Medien zu nennen, die im Unterricht eingesetzt werden können. In diesem Bereich hinkt die Schule der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher; vielerorts fehlt es noch an verlässlicher technologischer Infrastruktur. Dazu wird Digitalisierung an der Schule oft allein als technologische Entwicklung missverstanden; dabei wird vergessen, dass eine Begleitung durch sinnvolle pädagogisch-didaktische Konzepte zentral ist. Denn die Lernforschung sagt, dass die Lernwirksamkeit digitaler Unterrichtsszenarien sehr stark von der jeweiligen Umsetzung und Einbettung abhängt. Bisher fehlen solche Konzepte aber weitgehend; und vor allem fehlen auch konkrete und gut handhabbare Beispiele, die den Lehrkräften die Arbeit erleichtern würden. Die Anforderungen, die im Zeichen der Digitalisierung auf die Schulen und die einzelnen Lehrkräfte zukommen, werden daher von den Lehrkräften als diffus wahrgenommen. Was genau «digitaler Unterricht» bedeutet und wie viel Digitalisierung des Unterrichts sinnvoll ist, bleibt offen. Folge davon ist, dass die Lehrkräfte gar nicht genau wissen, wo sie ansetzen und was und wie viel sie tun sollen.

Das ist daher fatal, weil die Digitalisierung kein Oberflächenphänomen ist, vielmehr in alle Bereiche des Lehrberufs und in alle Bereiche schulischer Lehr- und Lernprozesse eingreift – mit massiven Auswirkungen auf das System Schule. Das zeigt sich etwa am Thema «Prüfungen»: Weiterhin werden Prüfungen zumeist handschriftlich in einer oder mehreren Lektionen und ohne Einbezug digitaler Medien durchgeführt; und auch der abgefragte Stoff gleicht dem, der vor Jahren schon geprüft wurde. Das digitale Zeitalter scheint in dieser Hinsicht also noch nicht in der Schule angekommen zu sein. Doch angesichts der Tatsache, dass mittlerweile unendlich viel Wissen jederzeit über das Netz abgerufen werden kann, ist ganz grundsätzlich zu fragen, welches Wissen bzw. welche Kompetenzen Lehrpersonen den Schüler*innen heute und in näherer Zukunft vermitteln und dann auch prüfen sollen, damit diese gut auf die Herausforderungen in der Gesellschaft vorbereitet sind.

Die einfache Verfügbarkeit von Wissen hat auch Auswirkungen auf das Selbstbild der Lehrkräfte, das durch die Digitalisierung stark herausgefordert wird. Die veränderte gesellschaftliche Organisation von Wissen führt einerseits zumindest potenziell zu einem Autoritätsverlust der Lehrkräfte und zu neuen Interaktionsmustern zwischen Lehrenden und Lernenden wie Coaching und dialogischem Lernen. Andererseits kann der Entscheid von Lehrkräften, digitale Medien im Unterricht einzusetzen oder nicht, weitreichende Konsequenzen haben. Denn es geht letztlich darum, ob man als eine moderne und zeitgemäße Lehrkraft wahrgenommen wird oder nicht. Mit gutem Grund reagieren Lehrkräfte daher oft sehr emotional auf Fragen der Digitalisierung: Denn diese Fragen berühren ihre berufliche Identität in tiefgreifender Weise. Daraus erklärt sich die sehr ambivalente Haltung vieler Lehrkräfte gegenüber dieser gesellschaftlichen Entwicklung.

Schließlich mangelt es der Schule an einer fehlerfreundlichen Lehr- und Lernkultur und grundsätzlich an einer experimentellen Haltung neuen Entwicklungen gegenüber. Diese wären für den Einsatz von digitalen Medien aber zentral. Denn es ist naheliegend, dass der Einbau von digitalen Medien nicht reibungslos ablaufen wird, dass da und dort Probleme auftreten können; diese gilt es auszuhalten und Erfahrungen damit und Erkenntnisse daraus für die Entwicklung der weiteren Lehr- und Lernszenarien zu nutzen. Die Angst vor Kontrollverlust oder die Angst, sich angesichts eines ungewohnten Szenarios vor den Schüler*innen zu blamieren, müssen Lehrkräfte handhaben und aushalten können.

Aus den genannten Gründen löst die Digitalisierung des Bildungsbereichs bei vielen Lehrkräften ungute Gefühle aus und wirkt als Stressfaktor. Denn als gleichsam totalitäres Schlagwort evoziert die Digitalisierung tiefgreifende Veränderungen, die die Gesellschaft insgesamt betreffen und also auch die Schule und die Lehrkräfte umfassend herausfordern; gleichzeitig ist vielen Lehrkräfte unklar, wie sie mit dieser Herausforderung umgehen sollen, weil Handlungsanleitungen fehlen.

Ziel dieses Buches


Hier möchte das vorliegende Buch ansetzen. Zum einen wollen wir darin konkrete Ideen und Anregungen vermitteln und Mut machen, sich auf die Digitalisierung an der Schule wirklich einzulassen. Die Grundfrage lautet: Wie kann ich die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen, um den Bildungsprozess ganzheitlich zu fördern und die Schüler*innen auf eine digitale Ausbildungs- und Berufswelt vorzubereiten? Es geht also nicht in erster Linie um Tools und Applikationen, sondern um Ideen und didaktischen Szenarien, die mit ihrer Hilfe umgesetzt werden können. Wir haben daher einen pragmatischen Ansatz gewählt, der weitgehend auf theoretische und konzeptionelle Ausführungen verzichtet; und wir konzentrieren uns auf alltagstaugliche und einfach umsetzbare Ideen und Anregungen in Form von Szenarien, die sich in unserem Unterricht bewährt haben.

Zum andern soll dieses Buch dazu ermuntern, die Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit wahrzunehmen, die eigenen Unterrichtsroutinen zu überdenken, das Wagnis einzugehen, unkonventionelle Formen auszuprobieren und zu experimentieren, den Schüler*innen mehr Freiraum zu geben und als Lehrkraft neue Erfahrungen zu machen. Diese Erfahrungen ermöglichen es dann, eine selbstbewusste und reflektierte Haltung zu Fragen der Digitalisierung im Bildungsbereich einzunehmen, die man vor sich und anderen – der Schulleitung, dem Kollegium, den Schüler*innen, den Eltern, der Öffentlichkeit – überzeugt vertreten kann.

Zum Aufbau des Buches


Zum Auftakt machen wir uns im ersten Kapitel Gedanken zum Nutzen und Mehrwert digitaler Medien im Unterricht. Im Kontext dieser Überlegungen stehen dann die folgenden Kapitel. Ausgangspunkt der einzelnen Unterkapitel von Kapitel 2 ist jeweils ein Unterrichtsszenario, das unserer Erfahrung nach gegenwärtig häufig in der Praxis eingesetzt wird und den Ist-Zustand bezeichnet. Diese Alltagsszenarien sind mal ganz analog konzipiert, nicht selten aber bedienen auch sie sich bereits digitaler Medien: Sie nutzen also etwa Word, PowerPoint, eine Suchmaschine im Internet oder das Smartphone. Damit ist auch gesagt: Die Digitalisierung der Schule erfolgt nicht abrupt, sie ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, an dem wir alle schon seit längerer Zeit beteiligt sind. Diese Einsicht rückt die Digitalisierung unseres Erachtens etwas zurecht und lässt sie handhabbarer erscheinen.

Im Anschluss an das gängige Unterrichtsszenario stellen wir jeweils einige mögliche Alternativen vor, die stärker auf den Einsatz von digitalen Medien bauen. Dabei konzentrieren wir uns auf den Einbezug von kostenfreien Web-2.0-Anwendungen: Denn diese benötigen keine spezielle Software, die Installation und die Verwaltung von Lizenzen entfällt und die Handhabung ist intuitiv und unkompliziert, so dass Lehrkräfte und Schüler*innen innerhalb kürzester Zeit Produkte erstellen können. Und nicht zuletzt lassen sich Web-2.0-Anwendungen auf Computern, Tablets und Smartphones nutzen.

Wir verzichten auf detaillierte technische Anweisungen: Denn zu allen gängigen Applikationen und Tools sind inzwischen auf dem Netz gut gemachte Tutorials zu finden, die selbsterklärend sind. Und wir konzentrieren uns auf wenige konkrete Applikationen und Tools: Diese können bekanntlich schnell auch wieder verschwinden, wobei in der Regel neue Applikationen die entstandenen Lücken umgehend füllen.

Kapitel 3 zeigt, wie unter den gegebenen schulischen Bedingungen ein Unterricht gepflegt werden kann, der produktorientiert verfährt, dabei die Möglichkeiten digitaler Medien intensiv nutzt und die Schüler*innen auf diese Weise aktiv einbindet. In Kapitel 4 denken wir schließlich darüber nach, wie die Digitalisierung die Schule auch sehr viel grundsätzlicher verändern könnte, wenn gewisse Rahmenbedingungen angepasst würden. Der Band endet mit konkreten Tipps für einen gangbaren Weg, wie sich der eigene Unterricht schrittweise digitaler gestalten lässt. Schließlich sollen in diesem Band auch jene nicht fehlen, die von der Institution Schule am direktesten betroffen sind: Wir haben zwei unserer Klassen zur Digitalisierung der Schule befragt und geben die Ansichten und Überlegungen dieser Schüler*innen wieder.

An wen richtet sich dieses Buch?


Dieses Buch, als Handreichung von Lehrkräften für...

Kategorien

Service

Info/Kontakt