Risikofaktor 'Stress' - Kompakte Einführung und Prüfungsvorbereitung für alle interdisziplinären Studienfächer

Risikofaktor 'Stress' - Kompakte Einführung und Prüfungsvorbereitung für alle interdisziplinären Studienfächer

von: Lotte Horstmeier

Hogrefe AG, 2017

ISBN: 9783456957081

Sprache: Deutsch

160 Seiten, Download: 7413 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Risikofaktor 'Stress' - Kompakte Einführung und Prüfungsvorbereitung für alle interdisziplinären Studienfächer



1 Einführung


Dieses Buch soll

  • Sie mit grundlegenden Begriffen des Themas „Stress“ vertraut machen.
  • Ihnen einen ersten Überblick über die Häufigkeit von Stress, über verschiedene Stressmodelle sowie verschiedene Formen und Ursachen von Stress geben.
  • Ihnen Stressfolgeerkrankungen (einschl. Burnout) erläutern sowie die wirtschaftlichen Folgen von Stress deutlich machen.
  • Ihnen zeigen, wie Menschen mit Stress umgehen und einige Methoden zur Stressvermeidung und Stressreduktion vorstellen.
  • Sie in die Lage versetzen, das Gelernte zum Thema „Stress“ im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention sinnvoll einzusetzen.

1.1 Stress in unserem Leben


Stress im Beruf, Stress in der Schule, Stress in der Familie – viele Menschen leiden heute unter Stress. Chronischer Stress hat gesundheitliche Auswirkungen. Immer mehr Menschen fühlen sich ausgebrannt. Gibt man den Begriff „Stress“ in die Suchmaschine Google ein, erhält man innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde ungefähr 556.000.000 Ergebnisse. Bei dem Begriff „Burnout“ sind es immerhin 41.500.000 Ergebnisse. Nirgendwo sonst weltweit wird das Thema „Burnout“ derzeit (2016) so häufig in die Suchmaschine eingegeben wie in Österreich, Deutschland und der Schweiz (s. Linkverzeichnis [1] in Kap. 11).

Vor allem in den Industrienationen ist das gesellschaftliche Leben einschließlich der Arbeitsstrukturen in den letzten Jahrzehnten zunehmend komplexer geworden. Es gibt immer mehr Menschen, die sich dadurch belastet und überfordert fühlen. Chronischer Stress macht sie krank.

Stress wirkt sich jedoch nicht nur auf uns persönlich aus, sondern auch auf unsere Gesellschaft. Psychische Erkrankungen – oft als Folge von Stress – stehen inzwischen in Deutschland an der Spitze der Ursachen für Frühverrentungen. Bei nahezu der Hälfte aller Krankheiten spielt Stress eine Rolle (s. Kap. 4). Damit ist auch ein Großteil der Krankheitskosten durch Stress zumindest mitverursacht (s. Kap. 5).

1.2 Definition von Stress


Nach Bolliger-Salzmann kommt es dann zu (Dis-)Stress, wenn ein Missverhältnis zwischen den Anforderungen, die an eine Person gestellt werden, und den Möglichkeiten und Fähigkeiten dieser Person besteht, diese Anforderungen zu kontrollieren bzw. zu bewältigen (Coping; s. Kap. 2.2).

Definition „Coping“

Das Coping (von to cope with [engl.]: bewältigen, überwinden) ist eine Bewältigungsstrategie. Es beschreibt die Art des Umgangs mit einem als bedeutsam und schwierig empfundenen Lebensereignis oder einer Lebensphase.

Es besteht also ein subjektiv1 wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen den inneren und/oder äußeren Anforderungen, denen ein Mensch ausgesetzt ist, und seinen Handlungsmöglichkeiten. Der betroffene Mensch erlebt dieses Ungleichgewicht als unangenehm, jedoch gleichzeitig als für ihn von erheblicher Bedeutung.

Stressoren oder Stressfaktoren sind in diesem Zusammenhang innere und äußere Reize, die auf den Menschen einwirken und dadurch eine Reaktion bei ihm auslösen. Nicht bei jedem Menschen erzeugt derselbe Reiz jedoch Stress. Ob ein Reiz bei einem Menschen zur Entstehung von Stress führt, hängt entscheidend davon ab, wie der Betroffene das Geschehen bewertet. (Dis-)Stress entsteht vor allem in Situationen, denen man sich hilflos ausgeliefert fühlt, in denen man keine Möglichkeit sieht, etwas an dieser Situation zu ändern.

Da nicht jede Belastung als Stress empfunden wird, unterscheiden manche Stressforscher zwischen Eu-Stress und Dis-Stress.

Eu-Stress2 entsteht dann, wenn eine auf einen Menschen einwirkende Tätigkeit oder ein Zustand nicht als Belastung empfunden wird.

Dis-Stress3 ist dagegen Stress, der als unangenehm empfunden wird. Er hat negative körperliche, geistige und seelische Folgen für den Betroffenen.

Beispiel

Eine Tätigkeit muss innerhalb einer bestimmten Zeit erledigt werden. Da man sie aber gerne macht, wird der Zeitdruck nicht als belastender Stress empfunden. Es handelt sich hier um Eu-Stress.

Wenn dieselbe Tätigkeit, die innerhalb einer bestimmten Zeit erledigt werden muss, sehr ungern getan wird, wird der Zeitdruck als belastender Dis-Stress empfunden.

Auf die Ursachen und Symptome von Dis-Stress wird in Kap. 3 näher eingegangen. Wenn im folgenden Text der Begriff Stress verwendet wird, ist in der Regel Dis-Stress gemeint.

Der Begriff Stress wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts v.a. durch den Mediziner Hans Selye (1907–1982) geprägt. Er sah Stress als eine unspezifische Reaktion des Organismus auf jede Form von Belastung an. Mit dem aus der Physik entlehnten Begriff beschrieb er einen körperlichen Belastungszustand, der gekennzeichnet ist durch Anspannung und Widerstand gegenüber äußeren Stressoren. In späteren Jahren spielten v.a. die Bewertung der Situation durch den Betroffenen (Appraisal4) und die Möglichkeit der Stressbewältigung (Coping) eine zentrale Rolle in der Stressforschung (s. Kap. 2.2). Allerdings gibt es noch immer keine einheitliche Definition des Begriffs „Stress“. Es existieren zahlreiche Definitionen, die sich insbesondere im Hinblick auf das dem Stressbegriff zugrunde liegende Konzept unterscheiden.

So kann Stress auf verschiedenen Ebenen folgendermaßen definiert werden:

  • Stress entsteht als Folge einer sinnlichen Wahrnehmung eines auslösenden Reizes und der Weiterleitung dieses Reizes über das Nervensystem zu einer reizverarbeitenden Region im menschlichen Körper. Parallel dazu werden auf biochemischer Ebene Drüsensekrete im Organismus freigesetzt. Beides ruft Reaktionen auf der körperlichen Ebene ebenso wie auf der Ebene der Gefühle, der Gedanken und des Verhaltens hervor.
  • Stress ist die Reaktion auf eine starke Beanspruchung des Menschen durch eine Belastung. Die Belastung ist eine objektive, auf den Menschen einwirkende Größe. Belastungen können beispielsweise physikalischer Natur sein (starke Sonneneinstrahlung, Hitze, Kälte, Lärm usw.), aber auch Giftstoffe oder das Eindringen von Krankheitserregern können Stresssituationen auslösen. Es gibt darüber hinaus auch psychische Stressoren. Hinzu kommt, dass selbst die eigenen Einstellungen, Erwartungshaltungen und Befürchtungen zur Entstehung von Stress beitragen können (s. Kap. 3).
  • Als Stress bezeichnet man einen subjektiven Zustand. Dieser Zustand entsteht dann, wenn eine Person befürchtet, dass sie eine auf sie zukommende, voraussichtlich länger andauernde Situation nicht vermeiden kann, die aus ihrer Sicht negativ besetzt ist. Dabei geht sie davon aus, dass sie die Situation nicht beeinflussen oder durch den Einsatz ihrer Ressourcen bewältigen kann. Der dann entstehende Stress ist in der Regel mit starken negativen Gefühlen verbunden.

Definition „Ressourcen“

Ressourcen sind materielle oder immaterielle Mittel, mit deren Hilfe eine Handlung durchgeführt oder ein Vorgang in Gang gesetzt werden. Im Bereich von Public Health/Gesundheitswissenschaften versteht man unter Ressourcen bestimmte Einflussfaktoren, die die Gesundheit eines Menschen fördern können. Man unterscheidet hierbei personale, soziale und materielle Ressourcen.

1.3 Häufigkeit von Stress


Nach einer repräsentativen Untersuchung zum Thema „Stress“, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im September 2013 in Deutschland im Auftrag der Techniker Krankenkasse durchführte, gaben 57% der Befragten an, „manchmal“ bzw. „häufig“ gestresst zu sein (s. Abbildung 1-1).

Abbildung 1-1: Wie häufig fühlen sich erwachsene Menschen ( 18 Jahre) in Deutschland gestresst? Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse im September 2013.
Quelle: nach den Daten der Broschüre „Bleib locker, Deutschland! TK-Studie zur Stresslage der Nation“, 10/2013. Mit freundlicher Genehmigung der Techniker Krankenkasse vom 05.01.2017.

Bei den Berufstätigen waren sogar 70% „manchmal“ bzw. „häufig“ gestresst. Siebenundsechzig Prozent sagten, sie hätten nun noch mehr Stress als drei Jahre zuvor (s. Abbildung 1-2). Insbesondere Angestellte und Menschen mit höherem Einkommen waren häufiger betroffen.

Abbildung 1-2: Wie häufig fühlen sich Berufstätige in Deutschland gestresst? Und fühlen sie sich zum Zeitpunkt der Umfrage (2013) noch mehr gestresst als drei Jahre zuvor? Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse im September 2013.
Quelle: nach den Daten der Broschüre „Bleib locker, Deutschland! TK-Studie zur Stresslage der Nation“, 10/2013. Mit freundlicher Genehmigung der Techniker Krankenkasse vom 05.01.2017.

In der Schweiz brachte eine repräsentative Untersuchung unter Erwerbstätigen ähnliche Ergebnisse: 34% aller Erwerbstätigen fühlten sich dort „häufig“ bis „sehr häufig“ gestresst....

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